Projekt
Das neue Hallenbad der Blütenstadt Leichlingen (Rheinland) ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. So wurde der Planungs- und Erstellungsprozesses der Bauaufgabe im Rahmen eines BIM-Pilotprojekts Nachhaltigkeit realisiert, unter Mitwirkung aller Planungs- und Erstellungsbeteiligten. BIM steht für Building Information Modeling und sorgt dafür, dass alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst werden. Als virtuelles Computermodell wird das Gebäude auch geometrisch visualisiert. Darüber hinaus wurde bei der Planung und beim Bau des neuen Bades großer Wert auf Nachhaltigkeit und die größtmögliche Reduzierung von CO2-Emissionen gelegt. Dasselbe gilt für den täglichen Betrieb: Dank moderner Anlagen und technischer Lösungen entspricht das Blütenbad den aktuellen Energieeffizienz-Anforderungen an Schwimmbäder.
Auch sonst ist bei diesem Bauprojekt alles wohldurchdacht: Im Obergeschoss des Gebäudes befinden sich Personal- und Verwaltungsräume, ebenerdig geht es multifunktional um den Badebetrieb. So erfüllt das 25-Meter-Sport-Schwimmerbecken mit sechs Bahnen, Seitentreppeneinstieg und Startblöcken auch die Voraussetzungen für die Wettkämpfe des Leichlinger Schwimmvereins. An die jüngsten Gäste richtet sich ein Kleinkindbecken mit rund 60 Quadratmetern Wasserfläche in verschiedenen Wassertiefen, einer Rutsche und einem kleinen Indoor-Spraypark. Darüber hinaus gibt es ein Lehrschwimmbecken mit Hubboden und einen Saunabereich (samt Dampfbad, Bio-Panoramasauna, Ruhebereich und überdachter Außenterrasse mit Kneippbecken). Den Zugang vom Hallenbad zum Freibad ermöglichen teilweise zu öffnende Fassadenflächen.
- Energieeffizienz
- Neubau
- Nichtwohngebäude
- Smart / Digital
Bautafel:
BAUVOLUMEN
2.726 m², Wasserfläche 526 m²
BAUZEIT
2021–2023 (Planung seit 2019)
BAUKOSTEN
10,735 Mio. Euro
ENERGETISCHER ZUSTAND
89,79 kWh/(m²•a)
VERWENDETES MATERIAL
Gebäudegrundierung: recycelter Beton
Außenwände: aus WDVS
Dach: PIR Dämmung 14 cm
VERWENDETE GEBÄUDETECHNIK
Dach: Photovoltaikanlage: ca 130 kwP
Lüftung: mit Wärmerückgewinnung
Variobecken: Hubboden (für Barrierefreiheit)
Herausforderungen
Die Angebote von Schwimmbädern sind gesundheitsfördernd und erfüllen eine wichtige soziokulturelle Funktion. Doch weil Schwimmbäder viel warmes Wasser und viel warme Luft produzieren, verbrauchen sie auch viel Energie. Angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel ist das CO₂-neutrale Bad ein wichtiges Ziel. Dabei wird es zunehmend darum gehen, grüne Energie selbst zu erzeugen oder zu beziehen und sowohl den Betrieb des Bades als auch seinen Abriss samt Entsorgung in ferner Zukunft nachhaltig zu gestalten. Vor diesem Hintergrund wurde das Bauunternehmen Pellikaan Deutschland während der Planungs- und Bauphase an die von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) speziell für das Blütenbad aufgestellten Nachhaltigkeitskriterien gebunden.
Weitere Herausforderungen stellten pandemiebedingte Personalausfälle, Lieferengpässe, Preissteigerungen bei den Baumaterialien und die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestiegenen Energiekosten dar. Darüber hinaus gab es im Baugebiet eine unerwartete Hochwasserperiode.
Eine durchweg positive Herausforderung bestand dagegen darin, dass das Bauvorhaben als Pilotprojekt in BIM-gestützter Erarbeitung mit besonderer Berücksichtigung der Nachhaltigkeit geplant wurde.
Ziele & Erfolge
Die Leichlinger Bäderbetriebs- und Beteiligungs-GmbH ist die erste deutsche Schwimmbadbetreiberin, die sich über eine ganzheitliche – nicht nur energetische – Bewertung ihres Hallenbades freuen kann: Die nachhaltige Bauweise sorgt sowohl für mehr Komfort als auch für geringere Betriebskosten. Während der Planungs- und der eineinhalbjährigen Bauphase hatte eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) einen Kriterienkatalog entwickelt, der sich ableitet aus dem Kompendium NBBW (Nachhaltiges Bauen in Baden-Württemberg). Mit der Umsetzung dieser Kriterien entstand erstmals ein System ganz gezielt für Schwimmbäder. Die Verwendung nachhaltiger Ressourcen und gesundheits-/umweltverträglicher Baustoffe, Ressourcenschonung, thermische und akustische Behaglichkeit, die Qualität der Projektvorbereitung und die Qualität der Bauausführung waren wichtige Stichpunkte.
Einige der umgesetzten Maßnahmen: Bei der Grundierung des Gebäudes wurden über 400 m³ recycelter Beton verbaut. In Sachen Luftdichtheit wurde der geforderte Wert aus dem Energiegesetz um knapp 10 Prozent unterschritten, auch bei der Dämmung der Gebäudehülle wurden die Nachhaltigkeitsvorgaben übererfüllt. Dadurch verliert das Gebäude sehr wenig Wärme. Durch die Nutzung eines Brunnens zur Zuführung vorn Beckenwasser wird obendrein der Wasserverbrauch reduziert. Hinzu kommen eine moderne Lüftung mit Wärmerückgewinnung, optimale Wasserhydraulik und Pumpensysteme in der Wasseraufbereitung und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Gedacht wurde auch an Barrierefreiheit: So ist es im Variobecken mit Hilfe eines Hubbodens möglich, über die gesamte Fläche die Wassertiefe flexibel von null bis 1,80 Metern einzustellen – je nach Bedürfnis der Nutzer. Wenn der Hubboden ganz oben ist, können zum Beispiel auch Rollstuhlfahrer darauf fahren und dann mit dem Boden ins Wasser gelassen werden. Das Schwimmer- und das Variobecken sind durch eine Glaswand voneinander getrennt, um den Geräuschpegel in den einzelnen Becken zu senken.
Auszeichnungen
Im Rahmen des BIM-Pilotprojekts Nachhaltigkeit wurde das Blütenbad als Open-BIM-Projekt unter Mitwirkung aller Planungs- und Erstellungsbeteiligten realisiert. Es markiert damit nicht nur eine der ersten BIM-Planungen im Bäderbau, sondern erhält darüber hinaus die erste Zertifizierung eines Hallenbades nach den Richtlinien der BIM Level 2 (open BIM). Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) verlieh dem Neubau die Auszeichnung „Nachhaltiges Schwimmbad“. Mindestens ebenso stolz wie auf diese Ehrungen waren die Verantwortlichen darauf, dass der Bau des Hallenbads trotz der beschriebenen widrigen Umstände unter Einhaltung des zuvor festgelegten Zeit- und Kostenrahmens realisiert werden konnte.