Projekt
Das vom Land Hessen ausgezeichnete Haus dient als Modellprojekt für die energetische Sanierung von Altbauten aus den 1930er Jahren. In der Heimstättensiedlung Darmstadt gibt es viele vergleichbare Gebäude. Dieses wurde im bewohnten Zustand Schritt für Schritt mit dem klaren Ziel saniert, das Haus klimafreundlich und effizient beheizen zu können. Fast schon „nebenbei“ stieg der Wohnkomfort deutlich.
Die Sanierung beinhaltete umfassende Maßnahmen: Der Einbau einer Photovoltaikanlage, die Dämmung der obersten Geschossdecke, der Kellerdecke und der Fassade, der Austausch einzelner Fenster und die Installation einer dezentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung machte das Einfamilienhaus zukunftssicher. Der Austausch der Gasheizung durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe ermöglichte die Erreichung der Zielsetzung.
- 65% Erneuerbare Energien
- Sanierung
- Wärmepumpe
- Wohngebäude
Bautafel:
BAUVOLUMEN
Wohnfläche: 120 m²
SANIERUNGSZEITRAUM
2018 - 2023
ENERGETISCHER ZUSTAND
Energiebedarf für Heizung und Warmwasser:
vor Sanierung: Über 20.000 kWh
nach Sanierung: Unter 6.500 kWh (unter 2000 kWh Strom, Rest kostenlose Umweltwärme)
VERWENDETE GEBÄUDETECHNIK
Photovoltaikanlage mit 8,5 kWp
Dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung (Pendellüfter)
Luft-Wasser-Wärmepumpe; erreichte Jahresarbeitszahl: 3,4 für Heizung und Warmwasser
VERWENDETES MATERIAL
Dämmung oberste Geschossdecke mit Zelluloseflocken (Recyclingprodukt)
Fassadendämmung aus Holzständer, Zelluloseflocken, Holzfaserplatten (20 cm Dämmebene). Holzverkleidung im OG (Giebelwände) aus Lärche (Herkunft Odenwald)
Kellerdeckendämmung mit XPS
Dreifach-verglaste Fenster und Türen (teilweise Erhalt isolierverglaste Fenster)
Herausforderungen
Ziel war es, den Altbau nachhaltig und mit ökologischen Materialien zu sanieren, um ihn auf einen energieeffizienten und klimafreundlichen Stand moderner Gebäude zu bringen. Die größten Herausforderungen bestanden darin, die Sanierung im bewohnten Zustand durchzuführen und energetische Vorgaben einzuhalten. Die Maßnahmen sollten den Heizenergiebedarf erheblich senken und den Wohnkomfort steigern. Auch die Nutzung von Fördermitteln des Bundes war ein wesentlicher Bestandteil des Projekts.
Ziele & Erfolge
Die Sanierung begann mit der Installation einer Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 8,5 kWp. Dies war zu Beginn (2019) ein wichtiger Beitrag zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks des Hauses. Die Anlage ermöglicht selbst ohne elektrischen Speicher auch nach Installation der Wärmepumpe eine Autarkie von ca. 40 Prozent. Der Stromverbrauch (Haushalt und Wärmepumpe) betrug in 2023 4100 kWh. Davon waren 1650 kWh Eigenverbrauch des lokal erzeugten Stroms. Weitere 6.650 kWh wurden ins Netz eingespeist. Nahezu zeitgleich erfolgte die Dämmung der obersten Geschossdecke. Etwa 20 cm Zelluloseflocken (Recyclingprodukt) wurden in Eigenleistung aufgebracht, was den Heizenergiebedarf und den Wohnkomfort im Obergeschoss erheblich verbesserte. Die Maßnahme amortisierte sich finanziell bereits nach einem Jahr.
Im nächsten Schritt wurden alte Aluminiumfenster, eine Terrassentür und ein Dachfenster durch neue, dreifach isolierverglaste Fenster ersetzt, was zu einer weiteren Verbesserung der Energieeffizienz führte. Die vorhandene Gasheizung wurde zunächst nicht erneuert, sondern in Eigenleistung optimiert (Dämmung Rohrleitungen, Einstellung der Heizkurve und Temperaturen). Bereits durch die bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Maßnahmen konnte der Energieverbrauch um über 30 Prozent gesenkt werden. Zusätzlich wurde im Wohnbereich eine Innendämmung aus Holzfaserplatten mit Lehmputz in Eigenleistung aufgebracht.
Daraufhin begannen die Arbeiten an der Außenfassade. Ein Raster von Kanthölzern wurde auf der Außenfassade angebracht und mit Holzfaserplatten (60 mm) verschlossen. Die Hohlräume wurden mit Zelluloseflocken ausgeblasen, was eine Dämmstärke von 20 cm ergab. Eine Verlängerung des Dachüberstandes wurde notwendig. Teile der Giebelwände und Fensterlaibungen wurden mit einer Holzverkleidung aus heimischer Lärche versehen. Auch in den Innenräumen erfolgte eine weiter energetische Modernisierung: Eine dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt für jederzeit frische Luft und damit ein gutes Wohnklima sowie eine ausgewogene Luftfeuchtigkeit. Die Wärmerückgewinnung reduziert gegenüber dem manuellen Lüften die Energieverluste. Durch die Maßnahmen konnte der Heizenergiebedarf abermals um über 35 Prozent gesenkt werden. Der Wärmebedarf war jährlich pro Quadratmeter von über 165 kWh auf unter 70 kWh gefallen, eine Absenkung der maximalen Vorlauftemperatur der Gasheizung auf unter 55° C war möglich. Damit waren optimale Voraussetzungen für die Installation einer Luft-Wasser-Wärmepumpe geschaffen.
Bei der Erstellung des integrierten Sanierungsfahrplans durch einen Energieeffizienzberater wurde festgestellt, dass die Wärmepumpenlösung unter Beibehaltung der vorhandenen alten Heizkörper möglich ist. Die Gasheizung wurde durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe ersetzt, die effizient und geräuscharm mit einer Arbeitszahl von über 3,4 arbeitet. Der Strom der eigenen PV-Anlage wird durch entsprechende Programmierung gezielt genutzt, um die Wärmepumpe zu betreiben.
Zusätzlich zur energetischen Sanierung des Hauses wurden auch Maßnahmen zur ökologischen und klimaangepassten Gestaltung des Gartens umgesetzt. Es wurden Mauersegler-Nistkästen, Fledermausziegel und ein Falkennistkasten angebracht. Eine naturnahe Hecke bietet Lebensraum und Wind-/Wetterschutz, mehrere heimisch Laub- bzw. Obstbäume wurden zur Beschattung gepflanzt. Eine Fassadenbegrünung mit Weinreben, eine Dachbegrünung eines Nebengebäudes sowie die Regenwassernutzung tragen zur ökologischen Vielfalt bei. Weiterhin wurden Beete angelegt, eine Trockenmauer aus Dachziegeln für Eidechsen angelegt und Nistmöglichkeiten für Vögel und Wildbienen geschaffen. Der Garten wird naturnah und möglichst resilient im Hinblick auf Trockenperioden weiterentwickelt.
Lessons learned
Die hier dargestellten Maßnahmen ermöglichten nicht nur eine hohe Energie- und Kosteneinsparung bzw. Versorgungssicherheit durch Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, sondern erhöhten auch den Wohnkomfort erheblich. Gleichmäßige Temperaturen in den Räumen ohne unangenehme Kältezonen und Zugluft sowie die kontinuierliche Lufterneuerung durch kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung sorgen für ein gesundes Wohlfühlklima. Unterstützt wird dies durch die ökologische Gartengestaltung, die ein natürliches Wohnumfeld und Mikroklima schafft.
Das Projekt zeigt, dass es möglich ist, einen Altbau aus den 1930er Jahren nachhaltig und klimafreundlich zu sanieren. Das Haus leistet nun einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz. Auch die Natur profitiert von den Maßnahmen, was das Gesamtprojekt zu einem Vorzeigemodell für nachhaltige Sanierungen macht. Der Eigentümer bietet im Rahmen von Volkshochschulkursen Führungen für Interessierte an.