Projekt
Als eines der ersten öffentlichen Gebäude deutschlandweit folgt ein Feuerwehrhaus im baden-württembergischen Straubenhardt dem Kreislaufprinzip Cradle to Cradle. Dies impliziert unter anderem eine ressourcenschonende Architektur und den Einsatz schadstofffreier, einfach trennbarer und wiederverwendbarer Materialien. Der Neubau in der Gemeinde südlich von Karlsruhe vereint dabei sechs bislang eigenständige Ortsteilfeuerwehren an einem strategisch günstigen Ort. Die unterzubringenden Funktionen sind in die Höhe gestapelt und das Gebäude fügt sich in die örtliche Topographie, so konnte die versiegelte Fläche möglichst gering bleiben. Konstruktiv verbinden sich ein massiver Sockel mit einer Leichtbauweise aus Holz, was nicht zuletzt äußerlich gestalterische Übersetzung findet.
- Energieeffizienz
- Neubau
- Nichtwohngebäude
- Zirkuläres Bauen
Bautafel:
BAUVOLUMEN
Bruttogrundfläche (BGF): 3.996 m²
Bruttorauminhalt (BRI): 15.333 m3
BAUZEIT
03/2019 – 03/2022
BAUKOSTEN
ca. 12,5 Mio. Euro
ENERGETISCHER ZUSTAND
Primärenergiefaktor: 0,34
Primärenergiebedarf: 65,67 kWh/(m²a)
VERWENDETE MATERIALIEN
Außenwände: Massivholz (Konstruktion), Mineralwolle (Dämmung), Aluminiumstreckmetall (Fassadenbekleidung)
Erdberührte Gebäudeteile: WU- Beton ohne Beschichtungen, Schaumglasschüttung in Säcken
Fenster: Holzfenster
Dach: Massivsperrholz, Schaumglas, Folie, intensive Dachbegrünung mit spezieller „Insektensaat-mischung“
VERWENDETE GEBÄUDETECHNIK
Fernwärme
Abgasabsauganlage
PV-Anlage
Herausforderungen
Die Zusammenführung sechs kleiner Ortsteilfeuerwehren in einem gemeinsamen Feuerwehrhaus bedingte in der Gemeinde Straubenhardt im Nordschwarzwald einen Neubau an einer strategisch günstigen Stelle, von der aus alle Ortsteile über kurze Wege erreichbar bleiben sollten. Das gewählte Grundstück innerhalb der Kleinstadt im Nordschwarzwald an der Grenze zum Kraichgau brachte jedoch einige Herausforderungen mit sich. Durch Hanglage, Bodenbeschaffenheit aus Felsen und drückendes Wasser wurde die Errichtung eines massiv ausgeführten Hanggeschosses notwendig. Dennoch konnte auf eine Planung im Sinne des Kreislaufprinzips Cradle to Cradle (C2C) Wert gelegt werden.
Ziele & Erfolge
Seit 2019 gilt die Gemeinde Straubenhardt als erste Cradle to Cradle-Modellgemeinde Baden-Württembergs. Der bereits zuvor geplante Neubau für die Feuerwehr ging aus einem Vergabeverfahren im Jahr 2017 hervor und verfolgte von Beginn an das Ziel, als kreislauffähiges Gebäude eine Initialzündung für weitere C2C-Projekte im Ort und dadurch ein Vorbild für weitere Gemeinden zu werden. Im Detail impliziert der Ansatz einen bewussten Umgang mit Ressourcen sowie den Einsatz von recyclingfähigen und schadstoffarmen Materialien. Diese lassen sich im Fall eines Rückbaus einfach trennen und fast vollständig wiederverwenden, sodass das Gebäude bereits jetzt ein Rohstoffdepot darstellt. Die Konstruktion und Materialwahl verzichtet zu diesem Zweck auf Verklebungen oder Beschichtungen und setzt stattdessen auf Verschraubungen, die eine sortenreine Trennung und weitere Verwendung möglich machen.
Das sich nach Norden zur Straße öffnende Sockelgeschoss ist in den Hang eingefügt und entsprechend massiv in Stahlbeton ausgeführt. Die Ebene nimmt die Löschfahrzeughalle sowie alle für den Einsatz notwendigen Funktionen samt Lager- und Technikflächen auf. In einer nächsten Ebene trennt ein offenes Zwischengeschoss mit zwei Lichthöfen und Parkflächen beziehungsweise Raum für Veranstaltungen oder Aufenthalt auch optisch die vertikale Schichtung. Markante V-Stützen kennzeichnen diese funktionale Trennung. Die Flächen der Zwischenebene, die auch mögliche Erweiterungen bei erhöhtem Raumbedarf generieren können, werden über eine außenliegende Rampe erschlossen. Schließlich bietet ein aufgeständerter Holzbaukörper mit einer Fassade aus weißem Streckmetall Platz für einen Schulungsraum, Büroflächen sowie weitere, gemeinschaftlich genutzte Räume.
Im Zuge der Verwendung möglichst homogener Bauteile ist die Konstruktion aus unbehandeltem Holz realisiert. Insgesamt wurden 248 Materialien und 79 Bauteile auf gesundheitsschädliche Inhalte geprüft. Für die vollständige Dokumentation der verwendeten Elemente und die Einhaltung der C2C-gerechten Bauweise arbeitete das Architekturbüro mit dem Umweltberatungsinstitut EPEA, das zum Unternehmen Drees & Sommer gehört, zusammen. Die Systeme der Haustechnik sind getrennt geführt und unabhängig austauschbar. Energetisch ist das Gebäude an die Fernwärme des Ortes angebunden, die Stromversorgung übernimmt eine PV-Anlage auf dem Dach.
Zukunftsorientiertes Bauen
Als nachhaltigste Baustoffe gelten jene, die nicht verbaut sind. So konnte etwa weitgehend auf Wandbeschichtungen und Bodenaufbauten verzichtet werden, ebenso auf eine Lüftungsanlage. Das Gebäude nimmt sich zudem vor, den Ort, an dem es steht, nicht nur zu besetzen, sondern auch zu bereichern. So sind auf dem Gelände Retentionsflächen ausgewiesen, die ein Kleinbiotop bilden, darüber hinaus ist das begrünte Dach mit einer Saatenmischung versehen, die auf einheimische Insekten abgestimmt ist, während die Fassade großflächig mit diversen Kletterpflanzen begrünt wird.
Auch einen weiteren, der Wirtschaftlichkeit und dem Kreislaufgedanken folgenden Beitrag leistet das neue Feuerwehrhaus. Bereits jetzt stehen die Schulungsräume und die Zwischenebene für eine Fremdnutzung durch die Gemeinde zur Verfügung. Die inzwischen ortsbildprägende Architektur gilt für die Nutzerschaft als inspirierend.