Ansatz
Ungebrannte Lehmsteine aus Baustellenaushub können einen wichtigen Beitrag zur CO2-Reduktion des Gebäudesektors leisten. Sie lassen sich nachhaltig produzieren und sind vollständig wiederverwendbar. Ein wichtiger Schritt hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft im Gebäudebereich. Aus Baustellenaushub, der bisher nur als Abfall- und Nebenprodukt gesehen wurde, werden die Steine unter 15 Tonnen Druck in eine Passform gepresst und können anschließend für Gebäude bis zur Gebäudeklasse vier als tragende Bausteine im Mauerwerk genutzt werden.
Der Think-and-Make-Tank Bauhaus Erde entwickelt seit 2022 an diesem Konzept mit und testet in dem Pilotprojekt ProtoPotsdam die Einsatzfähigkeit. Eine Erweiterung des Baurechts mit der DIN 18940, die seit Juni 2023 das Bauen mit tragendem Lehmsteinmauerwerk ohne Sondergenehmigungen erlaubt, ebnete den Weg für die Entwicklung. Durch die Recyclingfähigkeit, das Wegfallen von hohem Primärenergieverbrauch in der Herstellung und die regionale Verfügbarkeit haben diese Lehmsteine ein hohes Potenzial, den Gebäudesektor klimaneutraler zu gestalten.
- Baustoffe
- Innovation
- Zirkuläres Bauen
Datenblatt:
Themenfeld
Kreislauffähigkeit
Art der Innovation
Baustoff / Bauweise
Reifegrad
Forschung
Initiator
Organisation / Initiative
Herausforderungen
Die Entwicklung der Lehmsteine war von einigen Herausforderungen begleitet. So bestand die Sorge, dass die DIN 18940 dazu beiträgt, nationale und internationale Lieferketten zu aktivieren und so die regionale Verfügbarkeit des Baustoffes zu relativieren. Durch einen ergebnisoffenen Ansatz, Recherche und Bodenproben konnte Lehm als Baustoff, der mit vielen Vorteilen von Produktion bis zur Wiederverwertung überzeugt, nutzbar gemacht werden. Ein Hindernis bildete zudem die Entwicklung eines tragenden Lehmmörtels, der aus dem gleichen Aushubvorkommen hergestellt wird und das zukünftige Recycling der Lehmmauerwerke optimiert.
Übergeordnet ist das Ziel, ein Netzwerk aufzubauen, welches die lokalen Unternehmen der Bodenindustrie und der Baubranche zur regionalen Wertschöpfung von tragenden Lehmbaustoffen inspiriert und eine flächendeckende Nutzung ermöglicht.
Ziele & Erfolge
Die Lehmsteine machen zirkuläres Bauen unkompliziert möglich. Denn Lehm als Baustoff lässt sich einfach in seinen Ursprungszustand zurückversetzen und kann so für neue Bauvorhaben genutzt werden. Gleichzeitig ist auch der Primärenergieverbrauch der Lehmsteine besonders gering. Die Steine werden nicht gebrannt, womit bei regionaler Verwendung das globale Erwärmungspotenzial bei weniger als 10 Prozent im Vergleich zu einer Kalksteinwand liegt (Quelle: Bauhaus Erde). Zusätzlich kann der Aushub von Baustellen, der weiterhin vorkommen wird, sinnvoll und effizient genutzt werden. Aus einer Tonne Aushub können derzeit rund 105 Steine hergestellt werden. Auch das Raumklima profitiert von einer Lehmsteinwand.
Zahlen & Daten
Globales Erwärmungspotenzial:
bei unter 10 Prozent zu Kalksteinwand
(Quelle: Bauhaus Erde)
Recyclingquote Bauindustrie 2020:
10,6 Prozent (13,7 Mio. t)
(Quelle: Umweltbundesamt)
Da sich die Lehmsteine in der Entwicklung befinden, gibt es aktuell keine quantitativen Kennzahlen zur Einsparung von CO2-Emissionen. Durch den energiesparenden Herstellungsprozess und die Möglichkeit zur Wiederverwendung werden sie jedoch enorme Energie- und CO2-Einsparungen vorweisen. Während Stahlbeton eine Wärmeleitfähigkeit von 2,3 W/(m*K) hat, erreicht der Lehmstein einen Wert von 1,1 W/(m*K) und wirkt sich somit positiv auf die Dämmung eines Gebäudes aus (Quelle: Bauhaus Erde).
Mit Pilotanwendungen und wissenschaftliche Studien kann zukünftig der Beitrag zur Erreichung von Umweltzielen quantifiziert werden.
Akteure, Links & Praxis
Weiterführende Informationen
Praxisbeispiele
Projekt „ProtoPotsdam“
Mit dem Projekt „ProtoPotsdam“ von Bauhaus Erde entsteht in der Potsdamer Innenstadt ein temporärer Demonstrationspavillon für nachhaltige Baupraxis mit regenerativen Materialien. Hier kommen unter anderem insgesamt 3.000 Lehmsteine zum Einsatz.