Projekt
Am Rande der Nordeifel wurde ein rund 180 Jahre alter Dreiseitenhof vom neuen Eigentümer, dem aus Österreich stammenden Schauspieler Thomas Maximilian Held, nahezu in Eigenregie nach und nach saniert. Das handwerkliche Talent dafür stammt nach eigenen Worten vom Vater, der als Diplom-Ingenieur Bauprojekte in der ganzen Welt geleitet hatte. Der Hof bietet 140 m2 Wohnfläche im Haupthaus, ein 70 m2 großes Gästehaus und einen Stall. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurden alte Fachwerkbalken freigelegt und restauriert, die Wände mit sieben Tonnen ökologischem Lehm verputzt, Bäder und Küche renoviert.
Weil Nostalgie vermittelnde Details und Materialien erhalten bleiben sollten, wurden alte Stallfenster ins Wohnhaus integriert und kommt nun die Herzchen-Tür des ehemaligen „Plumpsklos“ als Bad-Schiebetür zum Einsatz. In puncto Energieversorgung und zum Heizen wurden mit Blick auf das Wohngebäude drei regenerative Energieformen kombiniert: Die alte Flüssiggasheizung nebst unansehnlichem Tank im Garten wurde entsorgt, dafür wurde im Jahr 2015 im Außenbereich eine umweltfreundliche Luft-Wasser-Wärmepumpe installiert. Eine knapp 70 m2 große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach (anfängliche 40 m2 später erweitert auch zur Ostseite, um zusätzlich die Morgensonne zu nutzen) liefert Strom für den Haushalt und die Heizungsanlage. Diese versorgt wiederum Puffer- und Warmwasserspeicher mit Wärme, bei überschüssigem Strom wird ein zusätzlicher Speicher geladen. Die dritte verwendete regenerative Energieform zeigt sich in Form eines Heiz- und Backofens, der mit Holz befeuert wird. Das Gästehaus wird nur bei Besuch und Bedarf mit einem kleinen Ofen beheizt.
- 65% Erneuerbare Energien
- Energieeffizienz
- Sanierung
- Wärmepumpe
- Wohngebäude
Bautafel:
BAUVOLUMEN
Rund 140 m² Wohnfläche im Haupthaus
BAUZEIT
Sanierung Haupthaus 2015
BAUKOSTEN
Schwierig zu beziffern, da kontinuierliche Step-by-Step-Planung/Realisierung sowie hohes Maß an Eigenleistung
ENERGETISCHER ZUSTAND
Vorher: Gasheizung
Nachher: Energetisch sanierter Altbau mit Wärmepumpe
VERWENDETES MATERIAL HAUPTHAUS
Außenwand: keine Änderung
Fenster: doppelverglast, nicht erneuert
Türen: neu, mit Dämmfunktion, abgesehen davon „muss das Haus atmen“ (O-Ton Bauherr)
Dach: keine Änderung
Dämmung: Teildämmung Innenwände (60-mm-Holzfaserdämmwände) + Dämmung Obergeschossdecke zum nicht ausgebauten Dachboden mit Holzfaserdämmplatten
VERWENDETE GEBÄUDETECHNIK
Luft-Wasser-Wärmepumpe STIEBEL ELTRON WPL 25 AC
Heizungs-Pufferspeicher Pufferspeicher STIEBEL ELTRON SBP 200
Warmwasserspeicher STIEBEL ELTRON SBB 301 WP
Durchlaufspeicher STIEBEL ELTRON SBS 801 W
Holz-Heiz- und Backofen
Photovoltaikanlage auf dem Dach (knapp 70 m² Fläche)
Wallbox für E-Auto
Herausforderungen
Bei der Übernahme befand sich das Gelände laut Eigentümer in einem beklagenswerten Zustand. Hinzu kamen einige Bausünden wie das lieblose Überputzen wunderbarer Fachwerkstrukturen. Eine Herausforderung bestand daher darin, den ursprünglichen Charakter vor allem des Haupthauses wieder hervorzubringen, eine andere darin, all die anfallenden Aufgaben, von der Planung bis zu den verschiedensten handwerklichen Arbeiten, nahezu in Eigenregie oder zumindest unter Mitarbeit des Bauherrn umzusetzen.
Auch beim Umstieg von fossilen auf regenerative Energien wurde mit Verstand agiert, wobei Profis berieten und die notwendigen Anlagen fachgerecht installierten. Die Wahl fiel bewusst auf eine Luft-Wasser- und nicht etwa auf eine Geothermie-Wärmepumpe, da angesichts der Gesteinsstruktur in der Eifel Bohrungen an dieser Stelle nur mit großem Aufwand möglich gewesen wären. Ziel war, alle Energie liefernden Elemente intelligent miteinander zu verknüpfen. Der Holzofen benötigt einen Puffer von circa 50–80 Liter/Kilowatt. Man entschied, dort auch die Überschüsse aus der PV-Anlage thermisch zu speichern. Damit das erhöhte Wasservolumen keine zusätzliche Energie benötigt, wird der Speicher nur genutzt, wenn überschüssige Wärme vorhanden ist. Der Großteil des PV-Stroms geht direkt an die Wärmepumpe.
Ziele & Erfolge
Seit dem Umbau deckt die Photovoltaik-Anlage rund 70 Prozent des Strombedarfs der Wärmepumpe, die fehlenden 30 Prozent Strom werden aus anderen grünen Stromquellen bezogen. So heizt die Luft-Wasser-Wärmepumpe nicht nur besonders günstig, sondern liefert auch das warme Wasser weitgehend durch selbst erzeugten Sonnenstrom. Außentemperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt sind für die außen aufgestellte Luft-Wasser-Wärmepumpe kein Problem. Sie erreicht selbst bei Minusgraden effizient noch Vorlauftemperaturen bis 55 Grad Celsius – völlig ausreichend, um die Wärme über klassische Radiatoren in das Gebäude zu bringen. Der Eigentümer freut sich, einen Grad an Energie-Autarkie erreicht zu haben, den er selbst nicht für möglich gehalten hätte.
In Kombination mit einer Fußbodenheizung oder mit Gebläsekonvektoren könnte eine Wärmepumpenanlage, die für diese Zusatzfunktion ausgelegt ist, auch die Kühlung des Gebäudes übernehmen.
Maßnahmen
Hauptgebäude vorher:
Heizwärmebedarf oder Wärmeverbrauch: Verbrauch nur Wohnhaus vorher ca. 21.000 kWh/Jahr => 21.000 kWh / 1.800 h = 11,6 kW, also knapp 12 kW Heizlast nur für das Wohnhaus
Beschreibung Heizsystem; inkl. Heizkreistemp: Gasheizung (leider keine weiteren Daten vorhanden, Aussage: „Relativ niedrige Vorlauftemperaturen“)
Beschreibung/Angaben zur Gebäudehülle: Teilweise Bruchsteine aus dem Mittelalter, Haupthaus verputzt, keine Dämmmaßnahmen erfolgt, darüber hinaus keine Daten vorhanden
Maßnahmen:
Umbau/Sanierungsmaßnahmen im Heizsystem und an der Hülle: Veränderung nur am Heizsystem, Gasheizung (Flüssiggas inkl. Speicher im Garten) wurde entfernt, Luft-Wasser-Wärmepumpe WPL 25 installiert, dazu ein neuer Warmwasserspeicher
Art der Wärmepumpe: Luft-Wasser-Wärmepumpe, Wärmequelle: Außenluft
Besonderheiten beim Umbau: Teilweise Innenwanddämmung mit 60-mm-Holzfaserdämmplatten, Dämmung der obersten Geschossdecke zum nicht ausgebauten Dachboden ebenfalls mit Holzfaserdämmplatten.
Besonderheit: das Nutzungs-/Speicherkonzept – es wurde bewusst kein Batteriespeicher benutzt, sondern ein thermischer Akku zum Nutzen der Überschusswärme. Wasserführender Kamin, Pufferspeicher etc.
Besonderheiten Wärmepumpe:
- Invertertechnologie für hohe Effizienz und niedrige Energiekosten
- Geringe Geräuschentwicklung durch intelligente Gerätekonstruktion. Schallleistungspegel (EN 12102): 55 dB(A)
- Im Nachtmodus („Silent Mode“-Funktion) Betriebsgeräusche weiter reduzierbar
- Einfach per Smartphone steuerbar (Zusatzkomponenten notwendig)
- Betriebsüberwachung/Vernetzung: Internet-Service-Gateway mit zusätzlicher SGReady-Funktion sowie ISG plus
- Vorlauftemperatur von bis zu 65 °C für erstklassigen Warmwasserkomfort
- Hohe Effizienz auch beim Einsatz mit Radiatoren
- Kopplung mit PV-Anlage aus 20 Photovoltaik-Modulen
Kosten der Wärmepumpe bzw. Umbau: Das System wurde schrittweise geplant und umgesetzt – inklusive Wärmepumpe, PV, Speicher, wasserführender Kamin und Elektronik laut Bauherr unter 40.000 Euro
Hauptgebäude nachher:
Heizwärmebedarf: Keine Änderung – der Wärmeerzeuger wurde geändert, nicht das Gebäude
Effizienz der WP (JAZ): Prognose 3,9
Besonderheiten: Speicherkonzept
Lessons Learned
Der neue Eigentümer des Dreiseitenhofs wurde bei Übernahme des Ensembles und der anfänglichen Umsetzung seiner Pläne von der alteingesessenen Nachbarschaft noch argwöhnisch beäugt. Nach und nach offenbarten sich jedoch die Vorteile seines Umstiegs auf regenerative Energien – so konnte er seinen Energieverbrauch um etwa 50 Prozent reduzieren. Schon bald wollten immer mehr Menschen aus nah und fern wissen, wie das System aus Wärmepumpe, thermischen Speichern und PV-Anlage funktioniert. Im Zuge der Ahrtal-Flutkatastrophe 2021 wurde auch der Dreiseitenhof stark in Mitleidenschaft gezogen, weshalb der Bauherr zu einer erneuten Sanierung gezwungen ist. Dabei wird das beschriebene bewährte Wärmepumpensystem erneuert und angepasst.