Projekt
Gemäß der „Green Economy“ sollen sich im geplanten Gewerbegebiet Lune Delta nachhaltige, resiliente und zukunftsfähige Unternehmen ansiedeln. Das Quartier selbst geht mit gutem Beispiel voran: Es verfolgt Ziele bestmöglicher Energieeffizienz und Ressourcenschonung, fördert Vernetzung, nutzt Synergien und ist konsequent dem Ansatz der Zirkularität verpflichtet – vom einzelnen Bauteil bis hin zum Wasserkreislauf.
Das zugehörige Areal im Süden von Bremerhaven gehört zu einem im Jahr 2010 zur Vergrößerung der Stadtfläche vom Land Niedersachsen übernommenen, als ökologische Ausgleichsfläche ausgewiesenen Gebiet mit insgesamt 1600 Hektar. Den Großteil dessen besetzt das Naturschutzgebiet Luneplate, das insbesondere als Lebensraum und Brutgebiet diverser Vogelarten bekannt ist. Das der gewerblichen Nutzung zugewiesene, rund 150 Hektar große Areal im Osten soll ausdrücklich keine Industrie aufnehmen, sondern als reines Gewerbegebiet entwickelt werden.
Das Areal umfasst rund 94 Hektar vermarktbare Grundstücksfläche, dazu sind rund 50 Hektar für Grünflächen und öffentliche Parks sowie rund 28 Hektar für Gemeinschaftseinrichtungen vorgesehen, also für Kantinen, Kindertagesstätte, Hotel und Konferenzräume, Werkstätten, Lagerräume oder Mobility Hubs.
Dem vorliegenden Masterplan ging ein konkurrierendes Workshopverfahren im Jahr 2017 voraus, das die Büros cityförster und urbanegestalten für sich entscheiden konnten. Das Gebiet wird dabei als integraler Bestandteil der vorhandenen Landschaft entwickelt und folgt der Logik der durch Fleete gegliederten Parzellen. In drei Bauabschnitten entstehen Quartierbausteine für die Ansiedlung von Kleinunternehmen oder Start-ups, Mittelständlern bis hin zu Global Playern. Die Hochbauprojekte werden sich dabei je nach Nähe zum Naturschutzgebiet auf kleineren, mittleren oder größeren, im Erbbaurecht vergebenen Grundstückscluster verteilen.
Als erster Quartiersbaustein entsteht bereits jetzt im Süden ein Initialcluster samt dem Neubau für ein Gründerzentrum. Dieses soll jungen Unternehmen der Green Economy als Heimathafen dienen sowie wegweisend für die nachhaltige und energieeffiziente Bauweise aller nachfolgenden Hochbauprojekte sein.
- 65% Erneuerbare Energien
- Energieeffizienz
- Neubau
- Quartier
- Wärmepumpe
Bautafel:
VORHABEN
Grünes Gewerbegebiet Lune Delta im Südosten von Bremerhaven
PLANUNGSZEIT
Planungszeit Städtebau 2017-2019
Bauzeit Gründerzentrum 2023 bis voraussichtlich 2024/2025
GEPLANTE TECHNIK
Nahwärmenetz, das sich aus der Abwärme des gereinigten Abwassers der benachbarten Zentralen Kläranlage speist
Mix aus Photovoltaik und Windkraft
Herausforderungen
Das sensible Ökosystem und das Vogelschutzgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft erfordern Fingerspitzengefühl. Für die Ausweisung von Flächen für Windenergieanlagen wurden Lösungen auf Quartiersebene erarbeitet.
Die Bauleitplanung für den ersten Bauabschnitt wird Anfang 2024 abgeschlossen sein. Vor diesem Hintergrund stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt die Planbarkeit der Nachfrage nach den Grundstücken und die noch undefinierbare Struktur der anzusiedelnden Branchen als Herausforderung dar. Am Standort Bremerhaven ist jedoch ein großer Flächendruck zu verzeichnen, so dass von einer großen Nachfrage nach nachhaltig entwickelten Flächen auszugehen ist.
Das Nahwärmenetz muss gestaffelt in die Nutzung übergehen. Die weiteren Flächen werden sukzessive für die nachkommenden Bauphasen aufgesandet. Offen bleibt zum jetzigen Planungsstand außerdem die Nutzung der Wasserstofftechnologie, deren Entwicklung abzuwarten ist.
Ziele
Zentrale Parameter des neuen Gewerbegebiets sind eine bis zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien ausgelegte Versorgung. Diese wird durch einen Mix aus Windkraft und Photovoltaik erzielt. In der Nachbarschaft soll durch Windstrom grüner Wasserstoff erzeugt werden, dort entsteht ein bundesweit erstes Testfeld für Elektrolyseure zur Wasserstoffherstellung.
Alle Bauwerke im Quartier werden an ein Nahwärmenetz angeschlossen sein, das sich aus der Abwärme der zentralen Kläranlage sowie der Abwärme aus zukünftig hier angesiedelter Produktion speist.
Innerhalb des Planungsgebiets soll mithilfe von Retentionsflächen auf Starkwetterereignisse reagiert werden können. Darüber hinaus ist geplant, Regenwasser mithilfe von Rigolen versickern zu lassen, so dass die zentrale Kläranlage lediglich das Schmutzwasser aufnimmt. 50 Prozent der Dachflächen sollen als extensiv begrünte Dächer ausgeführt sein. Im Zuge der weiteren Ausarbeitung ist ein Gestaltungshandbuch für die Planenden vorgesehen, das etwa Pflanzlisten für die Begrünung der einzelnen Projekte definiert.
Ebenfalls ist das Gebiet Teil einer umfassenden Erschließungsplanung, die sich auf verschiedene Mobilitätskonzepte und öffentlichen Nahverkehr fokussiert. Das Quartier wird außerdem an ein größeres Rad- und Fußwegenetz angeschlossen. Auf Gebäudeebene soll sich Lune Delta gemäß der Cradle-to-Cradle-Philosophie entwickeln und auch nach Ablauf der Nutzungsdauer einen gestalterischen, ökologischen und sozialen Mehrwert aufweisen. Im Sinne von Synergien gilt es später einmal, Kooperationen benachbarter Betriebe zum Austausch von Material, Energie und Wasser zu befähigen.
Insgesamt orientiert sich das Gewerbegebiet Lune Delta an den Nachhaltigkeitsstandards des DGNB für Quartiere. Die DGNB hat das Erschließungskonzept mit dem Vorzertifikat Platin ausgezeichnet. Auf der Grundlage eines Vergabekriterienkatalogs wird die Struktur der anzusiedelnden Unternehmen definiert – die Einhaltung der Vorgaben wird über die Erbbaurechtsverträge geregelt.
Nächste Schritte
Der Spatenstich des Leuchtturmprojekts Gründerzentrum steht unmittelbar bevor. Hier sollen baubiologisch unbedenkliche Baustoffe und Materialien zum Einsatz kommen. Bauteile sollen reversibel gefügt und sortenrein trennbar sein, so dass sie später möglichst wieder dem Stoffkreislauf zugeführt werden können. Insgesamt ist eine modulare, flexible Bauweise im Sinne einer nachträglich anpassbaren Konfiguration, Erweiterung oder eines Rückbaus vorgesehen. Das Bauwerk wird als Holzskelettkonstruktion realisiert. Im Projekt sollen die Lebenszykluskosten über alle Phasen der Errichtung, des Betriebs bis hin zur Entsorgung erfasst werden.
Bereits jetzt werden potenzielle Ansiedler im Gewerbegebiet von Mitarbeitern des Entwicklers BIS zu Förderprogrammen beraten und im Entscheidungsprozess begleitet. Ein Gewerbegebietsmanagement übernimmt die übergeordneten, auf Synergien und Vernetzung ausgerichteten Aufgaben im Quartier und trägt zur Einbindung der zukünftigen Akteure bei.