GEG: Gesetzliche Anforderungen an Wohneigentümergemeinschaften
Stand: November 2024Das aktuelle Gebäudeenergiegesetz (GEG 2024) regelt in §71 die Umstellung von Heizungsanlagen auf die zukünftige Wärmeversorgung, in Verbindung mit festgelegten Fristen. Bis 2045 soll diese in Deutschland ohne Ausstoß von Treibhausgasen erfolgen.
Die beschriebenen Anforderungen an Heizungsanlagen richten sich auch an Wohnungseigentümergemeinschaften (auch Gemeinschaften der Wohnungseigentümer, kurz WEGs). Zu finden sind diese in GEG §71n „Verfahren für Gemeinschaften der Wohnungseigentümer“.
Betroffen von diesem Paragrafen sind dabei eine Vielzahl an Wohnungen, so gibt es in Deutschland circa 42 Millionen Wohnungen, davon befinden sich ca. 9,3 Millionen Wohnungen in WEGs. Das sind circa 22 Prozent des gesamten Wohnungsbestands.
Diese gut neun Millionen WEG-Wohnungen teilen sich auf knapp 1,8 Millionen Gebäude im Eigentum von WEGs auf. Die meisten dieser Gebäude – ca. 1,2 Millionen – haben drei bis sechs Wohneinheiten (Quelle: Zensus-Datenbank).
Insbesondere in WEGs mit mindestens einer Etagenheizung im Gebäude – dies betrifft insgesamt ca. 190.000 Gebäude in Deutschland (Quelle: Zensus-Datenbank) – besteht bereits bis Ende 2024 akuter Handlungsbedarf.
Die konkreten Schritte, die in diesen WEGs unternommen werden müssen, werden in der folgenden Grafik beschrieben:
Weitere Infos
Hauptakteurinnen und -akteure
Wohnungseigentümergemeinschaften bestehen aus unterschiedlichen einzelnen Eigentümerinnen und Eigentümern, die gemeinschaftlich für das Gemeinschaftseigentum und individuell für das jeweilige Sondereigentum verantwortlich sind. Wer eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus besitzt, die entweder selbst genutzt oder vermietet wird, ist Teil einer Gemeinschaft von Eigentümern.
Die meisten Wohnungseigentümergemeinschaften haben eine Hausverwaltung bestellt, die sich unter anderem um die Belange der WEG kümmert und Verträge mit Dienstleistenden schließt. Auch in dem Prozess einer energetischen Sanierung und des anstehenden Heizungstausches wird der Hausverwaltung in der Regel die Koordination und Organisation übertragen.
Bezirksschornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger können über die jährlich erhobenen Kehrbuchdaten wichtige Hinweise zum Zustand der bestehenden Heizungsanlagen liefern. Die Kehrbuchdaten sind auch für die Kommune wichtig, um die im Quartier vorhandenen Energieverbräuche ableiten zu können. Viele Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger sind auch Energieberatende.
Energieberatende und / oder Fachplanerinnen und Fachplaner stellen der WEG für eine Entscheidungsfindung relevante Informationen zusammen und beraten sowohl zu möglichen Effizienzmaßnahmen als auch zu einer zukünftigen nachhaltigen Anlagentechnik. Sie erstellen dazu Kostenschätzungen und unterstütze bei der Beantragung von Fördermitteln.
Folgen und Handlungsempfehlungen zu §71n GEG
Bis zum 31.12.2024 muss die WEG eine Bestandsaufnahme der in ihrem Haus befindlichen Etagenheizungen beauftragen, dazu gehören auch alle fossil betriebenen Einzelöfen. Dafür wird einerseits die zuständige Bezirksschornsteinfegerin oder der -schornsteinfeger um die aktuellen Daten aus dem Kehrbuch gebeten. Dazu gehören Informationen zu Art sowie Alter der Anlage, zur Funktionstüchtigkeit und die Nennwärmeleistung. Die Erhebung dieser Daten erfolgt ohnehin jährlich. Andererseits werden auch die Eigentümerinnen und Eigentümer von Gasetagenheizungen oder anderen Ofenheizungen aufgefordert, Informationen zum Zustand der Anlage anzugeben. Dazu gehören etwa die Reparaturanfälligkeit, eventuell durchgeführte Maßnahmen zur Effizienzsteigerung o.ä.
Beide haben maximal sechs Monate Zeit, der WEG die Informationen bereitzustellen. Die WEG bzw. die beauftragte Hausverwaltung soll dann innerhalb von drei Monaten die Informationen für alle Eigentümerinnen und Eigentümer verständlich zusammenfassen. Diese konsolidierte Bestandsaufnahme soll der WEG – und insbesondere den Eigentümerinnen und Eigentümern der dezentralen Heizanlagen – bei der Einschätzung helfen, wie lange die Anlage voraussichtlich noch effizient funktioniert, ob eine zukünftige Wärmeversorgung weiterhin dezentral erfolgen soll oder ob sie sich stattdessen für eine zentrale Versorgung entscheiden sollten.
Nicht gesetzlich vorgeschrieben aber sinnvoll ist eine zeitgleiche Bestandsaufnahme des Zustands der bestehenden zentralen Wärmeversorgungsanlage, falls vorhanden. In vielen Altbauten befinden sich Mischformen. Die mit der Wartung beauftragte Firma kann Daten zu Alter, Nennwärmeleistung, Reparaturanfälligkeit etc. geben, die Hausverwaltung eine Übersicht zu den Betriebskosten der letzten Jahre.
Hinzuziehung eines Energieberatenden
Im Idealfall wird schon vor dem Ausfall der ersten Etagenheizung mit einer Energieberaterin oder einem Energieberater über eine zukünftige Wärmeversorgung und über Maßnahmen zur Senkung des Wärmebedarfs im Haus gesprochen. Das könnte im Rahmen der Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) stattfinden. Dies ist nicht gesetzlich verpflichtend aber bietet eine sinnvolle Basis für den weiteren Entscheidungsprozess der WEG.
Für den weiteren Verlauf ist es entscheidend, wann die erste Etagenheizung irreparabel kaputt geht und ersetzt werden muss. Von diesem Zeitpunkt an hat die WEG bis zu 13 Jahre Zeit, ein Umsetzungskonzept zu erarbeiten, zu beschließen und umzusetzen, wobei der Beschluss des Konzepts nach maximal fünf Jahren abgeschlossen sein muss. Für die Umsetzung einer zentralen Versorgungslösung werden bis zu weitere acht Jahre gewährt. Nach Kenntnis des ersten Austauschs einer Etagenheizung muss die Hausverwaltung eine Eigentümerversammlung einberufen, um über die Vorgehensweise zur Umsetzung der rechtlichen Anforderungen einer zukünftigen Wärmeversorgung zu informieren und in der Gemeinschaft die nächsten Schritte zu beschließen.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist es ratsam, eine Energieberatung hinzuzuziehen, die nicht nur zu technischen Möglichkeiten und Effizienzmaßnahmen, sondern auch zu Kosten und Förderungen berät. Wird ein iSFP für das Gebäude erstellt, bekommt die WEG eine Strategie zur Verfügung gestellt, wie ihr Gebäude Schritt für Schritt saniert werden kann. Der Fokus liegt auf einer energetischen Sanierung. Dabei sollte aber auf sinnvolle Synergien mit anderen eventuell geplanten Baumaßnahmen geachtet werden. Das kann beispielsweise ein barrierefreier Umbau, ein Dachgeschoßausbau oder ähnliches sein. Der iSFP beschreibt übersichtlich, welche Sanierungsmaßnahmen anstehen, welches Energieeinsparpotential damit verbunden ist, wie hoch das ungefähre Investitionsvolumen ist und welche Fördermittel es derzeit dafür gibt. Ein solcher Fahrplan kann für die Diskussion der WEG mit ihrer Hausverwaltung bezüglich des anstehenden Umsetzungskonzeptes und eventuell darüber hinaus anstehende Investitionen hilfreich sein.
Auswirkungen eines kommunalen Wärmeplans
Bis 30.06.2026 müssen Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnenden einen Wärmeplan vorliegen, kleinere Kommunen haben zwei Jahre länger Zeit bis zum 30.06.2028. Das Vorliegen eines kommunalen Wärmeplans kann die Entscheidungsfindung einer WEG beeinflussen. In dem Wärmeplan wird eine Gebietsausweisung vorgenommen, wodurch erkennbar wird, welche Wärmeversorgung zukünftig in dem jeweiligen Gebiet möglich wäre. Sollte das Gebäude der WEG in einem Stadtteil liegen, der laut Wärmeplan geeignet oder ungeeignet für den Anschluss an ein Wärmenetz ist, können das entscheidende Argumente für die zukünftige Wärmeversorgung im Gebäude der WEG darstellen.
Wenn sich die WEG für das Beibehalten einer dezentralen Wärmeversorgung entscheidet, muss diese die Anforderung von 65 Prozent erneuerbaren Energien erfüllen. Die Entscheidung darüber liegt nicht nur bei den jeweiligen Eigentümerinnen oder Eigentümern der Etagenheizung, die WEG muss mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen.
Wenn sich die WEG für eine zentrale Wärmeversorgung entscheidet, verlängert sich die Frist bis zur Umsetzung um weitere acht Jahre, so dass seit dem Ausfall der ersten Heizung insgesamt eine Zeitspanne von 13 Jahren besteht. Auch die zentrale Versorgung muss dann die Anforderung von 65 Prozent erneuerbaren Energien erfüllen.
Eine Mischform beider Versorgungsarten innerhalb des Gebäudes ist ebenfalls möglich. In der Regel ist es jedoch wirtschaftlicher, möglichst viele Abnehmerinnern und Abnehmer an die zentrale Versorgung anzuschließen. Aufgrund dessen muss auch mit einer Zweidrittelmehrheit aller Eigentümerinnern und Eigentümer über die Beibehaltung einer dezentralen Lösung abgestimmt werden.
Die Entscheidung über die zukünftige Wärmeversorgung muss dem Bezirksschornsteinfeger schriftlich mitgeteilt werden.
Spätestens für die Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung sollten auch weitere Fachplanende (Architektin oder Architekt, Ingenieurin oder Ingenieur) hinzugezogen werden.
Während des gesamten Prozesses von der Initiierung über die Planung bis zur Umsetzung koordiniert und begleitet die Hausverwaltung die einzelnen Entscheidungsschritte und Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Möglichkeiten zur Überbrückung
Folgende Möglichkeiten bestehen für die Beheizung einer Wohnung, bis eine langfristige Lösung gefunden ist.
- Geht die Etagenheizung vor Vorliegen eines Wärmeplans (aber spätestens bis 30.06.2026 bzw. 30.06.2028) irreparabel kaputt, kann sie durch eine neue oder gebrauchte Heizung ersetzt werden, die nicht den Anforderungen von 65 Prozent erneuerbaren Energien entspricht. Diese muss aber ab dem 01.01.2029 mind. 15 Prozent erneuerbare Energien für die Erzeugung der Wärme nutzen. Die zu nutzenden Anteile erneuerbarer Energien betragen ab dem 01.01.2035 mind. 30 Prozent und ab dem 01.01.2040 mind. 60 Prozent.
- Geht die Etagenheizung nach Vorliegen eines Wärmeplans (aber spätestens nach 30.06.2026 bzw. 30.06.2028) irreparabel kaputt, kann sie durch eine neue oder gebrauchte Heizung ersetzt werden, die nicht den Anforderungen von 65 Prozent erneuerbare Energien entspricht. Nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist greift jedoch die Anforderung von 65 Prozent erneuerbarer Energie.
Ausblick
Obwohl die Umstellung der Wärmeversorgung auf 65 Prozent erneuerbare Energien bei der Wärmeerzeugung aktuell im Fokus liegt, besteht jedoch das langfristige Ziel weiter darin, komplett auf fossile Energiequellen zu verzichten. Das GEG regelt lediglich den Übergang zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien für die Wärmeversorgung in Gebäuden. Dennoch lautet das im Klimaschutzgesetz beschriebene Ziel, in allen Sektoren bis 2045 treibhausgasneutral zu werden.
Viele der möglichen Anlagentechniken, die die Forderung des GEG erfüllen, sind strombetrieben, wie beispielsweise Wärmepumpen. Der Anteil erneuerbarer Energien am allgemeinen Strommix in Deutschland lag im ersten Halbjahr 2024 bei über 60 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt), bis 2030 sollen es 80 Prozent und spätestens 2045 dann 100 Prozent sein. Das heißt, wird die Stromversorgung perspektivisch auf 100 Prozent erneuerbare Energien umgestellt, liefern automatisch auch Wärmepumpenlösungen zu 100 Prozent erneuerbare Wärme. Da die Umstellung durch die Stromversorger umgesetzt wird, gibt es, wenn Wärmepumpen den gesamten Wärmedarf des Hauses decken können, keinen weiteren Handlungsbedarf für Eigentümerinnen und Eigentümer. Auch bei allen leitungsgebunden Versorgungslösungen ist der Versorger in der Pflicht, diese bis 2045 vollständig zu dekarbonisieren.
Anders sieht es bei Gebäuden aus, die wegen eines höheren Wärmebedarfs zu der fossilfreien Wärmeversorgung zusätzlich noch einen Spitzenlastkessel installiert haben, der mit einem fossilen Brennstoff befeuert wird. Solche Hybridlösungen können zwar die aktuelle Anforderung des GEG an 65 Prozent erneuerbare Energien erfüllen, es besteht aber Handlungsbedarf bis zum Jahr 2045 nachzubessern. Das kann durch Effizienzmaßnahmen erfolgen, wenn dadurch auch die Spitzenlasten an extrem kalten Tagen durch erneuerbare Energien gedeckt werden können, was den Spitzenlastkessel somit überflüssig macht.
Es ist daher sinnvoll, auch den letzten Schritt zu 100 Prozent Wärme aus erneuerbaren Energien bereits zu bedenken, wenn die WEG ein Umsetzungskonzept beschließt.