Bio-Beton und alternative Betonrezepturen
Sand ist neben Zement und Wasser die wichtigste Ressource für die Herstellung von Beton. Doch nur ein Bruchteil des weltweiten Sandvorkommens eignet sich als Betonzuschlag. Innovative Betonrezepturen könnten das Rohstoffproblem lösen.
Auch für emissionsintensive Ressourcen wie Zement muss Ersatz gefunden werden. Bio-inspirierte Ansätze mit Enzymen, Bakterien und Pflanzenkohle eröffnen neue Perspektiven.
Nachhaltiges Bauen mit Bio-Beton
Das nachhaltige Bauen mit Bio-Beton hat verschiedene Facetten:
Basilisk Concrete
Obwohl Beton flexibel, widerstandsfähig und druckfest ist, hat er zusätzlich zu den CO2-Emissionen weitere Nachteile: Durch geringe Zugfestigkeit und Zwangsspannungen bilden sich Risse. Die Sanierung von beschädigtem Beton schlägt jährlich mit Milliarden zu Buche.
Basilisk Concrete ist mit kalkproduzierenden Bakterien versetzt, die die Risse verschließen. Dafür werden Bakteriensporen in zwei bis vier Millimeter großen Tonpellets eingekapselt. Diese werden der Betonmischung beigemischt, zusammen mit separat eingeschlossenem Stickstoff, Phosphor und einem Nährstoff. Durch die Einkapselung ist sichergestellt, dass die Bakterien erst reagieren, wenn Wasser in die Betonkonstruktion eintritt. Das ist eine günstige und nachhaltige Lösung, um die Lebensdauer von Gebäuden, Brücken und Straßen zu verlängern. Auch der CO2-Ausstoß wird vermindert, geschätzt um 30 bis 50 Prozent.
Erfunden hat die Technologie Prof. Dr. Henk Jonkers von der TU Delft. Weitere Informationen, auch zu realisierten Projekten, gibt es auf der Website von Basilisk Concrete.
Selbstheilender Beton
Selbstheilender Beton ist eine innovative Baustofftechnologie, die die Fähigkeit besitzt, kleine Risse und Schäden im Beton durch chemische Prozesse oder mikrobielle Aktivität autonom zu reparieren, um die Haltbarkeit und Langlebigkeit von Betonstrukturen zu verbessern.
Betonsanierung mit Enzymen
Anders als beim Basilisk Concrete nutzen die Forscher des Worcester Polytechnic Institutes Enzyme für sogenannten selbstheilenden Beton. Das Enzym entstammt den roten Blutkörperchen und reagiert mit CO2. Dadurch entstehen Kalziumkarbonat-Kristalle, die in Struktur und Festigkeit den Beton nachahmen. Die Entscheidung fiel für Enzyme, da Bakterien teurer sind und langsamer arbeiten. Sie brauchen nach Angaben der Forscher bis zu einem Monat, um einen kleinen Riss zu heilen. Die Enzyme erledigten dies in 24 Stunden. Die Forscher gehen davon aus, dass selbstheilender Beton die Lebensdauer einer Struktur von 20 auf 80 Jahre verlängern könnte (Quelle: Worcester Polytechnic Institute). Das Video „Self-Healing Concrete in Action" zeigt, dass die Enzyme den Riss sogar innerhalb von sechs Stunden repariert haben.
Bio-Beton mit Maniok-Schalen
Forscher des BAM setzen auf die Verwendung von Asche aus der Schalen von Maniokwurzeln als Zementersatz, dieviel Siliziumdioxid und Aluminiumoxid enthalten. Maniok ist auch als Cassava bekannt und wächst vielerorts in Westafrika, weshalb die Asche eine lokale Alternative für Zement ist.
Dieses innovative Konzept reduziert Abfall, minimiert CO2-Emissionen und fördert die regionale Entwicklung in den Ländern, in denen Maniok in großen Mengen vorkommt und bietet so wirtschaftliche Chancen in diesen Regionen. Die Herausforderungen liegen aktuell in der Festigkeitsentwicklung, Langzeithaltbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Skalierbarkeit.
Trotzdem birgt diese Innovation das Potenzial, die Bauindustrie nachhaltiger zu gestalten und Umweltauswirkungen signifikant zu verringern. In Deutschland wird aktuell auch die Forschung nach alternativen einheimischen Pflanzen vorangetrieben, die als nachhaltige Zementersatzstoffe dienen könnten, um die Umweltbilanz im Baubereich weiter zu verbessern.
bioLITH
Das Startup BioMason revolutioniert die Baubranche mit seinem innovativen Produkt bioLITH, einem Biozement. Statt auf die Erhitzung von Kalkstein setzt das Verfahren auf recycelte Granit-Zuschlagstoffe, kombiniert mit natürlichen Bakterien. Diese Bakterien werden mit einer speziellen Lösung ausgestattet, um das Aggregat binnen weniger Tage zu binden. Der bioLITH bietet vielfache Vorteile gegenüber traditionellem Zement: Er arbeitet bei Raumtemperatur, erreicht in nur 72 Stunden volle Festigkeit, soll dreimal stärker als herkömmlicher Zement sein und ist zudem zu 100 Prozent recycelbar.
Sandalternativen gesucht
Rund 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies werden inzwischen pro Jahr verbraucht. Das sind pro Person 17 Kilogramm täglich. Der weltweite Sandbedarf wächst jedes Jahr um weitere 5 Prozent (Quelle: UN environment programme). In Marokko und Indonesien sind mittlerweile ganze Strände und sogar Inseln verschwunden.
Auch in Deutschland wird Sand zur Mangelware. Entweder sind Vorkommen überbaut oder sie liegen in Naturschutzgebieten. Alleine für den Bau eines mittleren Einfamilienhauses können für den Einsatz von Beton und Glas etwa 200 Tonnen Sand benötigt werden.
Saharasand ist wegen der feinen, abgerundeten Körner bislang kein geeigneter Zuschlag für Beton. Im Folgenden werden drei Konzepte vorgestellt, die sich genau damit beschäftigen:
MultiCon
Bei dem Verfahren von MultiCon wird Wüstensand zu Pulver vermahlen und anschließend mit einem mineralischen Bindemittel zu Pellets granuliert. Eine Hochgeschwindigkeits-Mischtechnologie verarbeitet das Granulat zu qualitativ hochwertigen Betonsorten. Diese sollen bis zu 25 Prozent leichter sein, schneller erhärten und nach 24 Stunden doppelt so fest sein wie Standardbetone. Laut Hersteller verringert sich der Zementverbrauch um 40 Prozent und der CO2-Ausstoß um 30 Prozent.
Finite
Eine Gruppe von Studenten des Imperial College in London hat einen Kompositwerkstoff auf Basis von Wüstensand entwickelt. Die Festigkeit soll vergleichbar sein mit Beton oder Ziegel. Das Material lässt sich in jede Form bringen und einfärben. Durch das organische Bindemittel als Zementersatz soll der ökologische Fußabdruck von Finite deutlich kleiner sein als von Beton.
Porenbeton mit amorpher Kieselsäure
Porenbeton mit ungewöhnlichen Eigenschaften: amorphe Kieselsäure statt Sand. Daran forscht das Fraunhofer IBP. Diatomeenerde, die von Kieselalgen stammt und als Abfallprodukt anfällt, kann im Porenbetonbereich für neue Entwicklungen sorgen. Während des Herstellungsprozesses, der Autoklavierung, entstehen wichtige Stoffe, die die Druckfestigkeit des Baustoffs erhöhen und Schrumpfung mindern. Die Idee, Sand durch amorphe Kieselsäure zu ersetzen, zielt darauf ab, die mechanischen und mikrostrukturellen Eigenschaften des Porenbetons, abhängig von Temperatur und Herstellungsdauer. Ein vielversprechender Ansatz, der Potenzial für effizienteren Porenbeton birgt. In Bezug auf den Baubereich wird Diatomeenerde aufgrund ihrer porösen Struktur und ihrer chemischen Eigenschaften erforscht, um in größeren Mengen als Ersatz für Sand in Betonmischungen verwendet zu werden. Dies könnte eine nachhaltige Alternative sein, die auch dazu beiträgt, Ressourcen zu schonen.
Die Zementindustrie arbeitet auf das Ziel „Null CO2“ bis zum Jahr 2050 hin. Ein Zwischenziel der Global Cement and Concrete Association ist eine CO2-Reduktion von 25 Prozent im Jahr 2030. Ein wichtiger Schritt dabei ist das Abscheiden und Speichern von CO2. Das ist noch nicht flächendeckend erprobt und verfügbar, in manchen Ländern bislang gar verboten.
Die UN gehen davon aus, dass bis 2050 die Weltbevölkerung bis 2050 etwa10 Milliarden Menschen umfasst. Angesichts dieser Zahl ist der Bedarf an Wohnraum und gebauter Infrastruktur groß. Deshalb wird der Betonverbrauch weiter massiv steigen, auch weil nachwachsende Rohstoffe wie Holz, Stroh, Hanf oder Lehm nicht ausreichen werden und an vielen Stellen der Baustoff Beton auch nicht ersetzt werden kann.