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Paulownia – schnellwachsend, robust, leicht und formschön

Stand: Dezember 2024
Foto, im Vordergrund Nahaufnahme einer Blüte des Paulownia-Baumes, im Hintergrund weitere Paulownia-Bäume.

Paulownia gilt als der Klimabaum der Zukunft. Kein Gehölz wächst so schnell, bindet so viel CO2 und ist so ertragreich.

Der nachwachsende Rohstoff hat Potenzial für die Baubranche, wenn auch eingeschränkt: der Kiribaum auf dem Prüfstand.

Herkunft

Paulownia stammt aus Zentral- und Westchina und ist seit 1834 in Europa und Deutschland eingeführt. Auch als Blauglocken-, Kaiser- oder Kiribaum bezeichnet, wächst diese Art drei Meter pro Jahr. Eiche und Buche legen im selben Zeitraum nur um 35 cm bzw. 50 cm zu. Ein Hektar Paulownia bindet jährlich etwa 35 bis 40 Tonnen CO2, der deutsche Mischwald 13 Tonnen CO2 pro Hektar.

Der tropische Baum gilt als anspruchslos, robust und dürreresistent. Deswegen spezialisieren sich immer mehr holzverarbeitende Betriebe auf den Anbau und bewirtschaften Plantagen in Deutschland und Europa. Dadurch ist Paulownia mittlerweile auch regional verfügbar. Dieser nachwachsende Rohstoff eignet sich gut zur Verarbeitung als Energie-, Wert- und Nutzholz. Übrigens: Die hierzulande gängige Bezeichnung des Holzes ist Kiri.

Merkmale von Paulownia

Wachstumswunder speichert 46-mal mehr CO₂ als Eiche

Die großen Pollen- und Nektarmengen der Paulownia-Blüte können zur Honiggewinnung genutzt werden.

An der Universität Bonn erforscht Prof. Dr. Ralf Pude die Eigenschaften von Paulownia und testet Anwendungsgebiete als Baumaterial. Er kam bei diesen Forschungsvorhaben zu verblüffenden Ergebnissen: Paulownia wächst im Vergleich zu heimischen Bäumen vier bis fünf Mal schneller. Unter optimalen Bedingungen sind die Stämme nach zehn Jahren etwa 15-20 m hoch bei einem Durchmesser von 45 cm. (Buche: 5 m/12 cm).

Paulownia ist mit nur 250 - 300 kg pro Kubikmeter ein Leichtgewicht. Trotzdem hat das Holz die gleiche Druckfestigkeit (40 N mm2) wie Fichte, die 470 kg/m3 wiegt. Laut Angaben verschiedener Hersteller ist der Flammpunkt hoch: Erst bei 400 Grad Celsius beginnt das Holz zu brennen, Eiche und Kiefer entzünden sich bereits bei 260 bzw. 225 Grad Celsius.

Aufgrund „seiner großen Blätter und der damit verbundenen hohen Photosyntheserate speichert Paulownia 46-mal so viel CO2 wie eine herkömmliche Eiche“, so Prof. Pude. Möglichkeiten für einen Einsatz von Paulownia als nachhaltiger Baustoff werden mit dem Demonstrator Workbox getestet. Hier sind Tragwerk und Wände des 22 m2 messenden Tinyhouse mit Riesen-Chinaschilf verfüllt. Für Bauholz und Parkett kam Paulownia zum Einsatz.

Charmanter Nebeneffekt von Paulownia: Die Blauglocken-Blüten produzieren große Mengen Nektar und Pollen. Deshalb ist nicht nur ein großer Holz-, sondern auch Honigertrag möglich. Prof. Pude beziffert diesen mit 800 bis 1.200 kg pro Hektar.

Holzwirtschaft verändern mit Kiri

Zu den Pionieren des Kiri-Anbaus zählt sich Peter Diessenbacher. 2009 gründete er mit Partner Allin Gasparian die wegrow GmbH. Die Firma ist ein Spin-off des Forschungsbereiches Nachwachsender Rohstoffe der Universität Bonn mit dem Ziel, die deutsche Holzwirtschaft zu verändern. Nach der ersten Forschungsplantage bei Düsseldorf bewirtschaftet wegrow inzwischen 55 Kiribaum-Plantagen in Deutschland sowie Spanien. Laut Diessenbacher wächst Kiri nicht nur schnell, sondern mehrfach: Nach dem Fällen treibt der Baumstumpf wieder aus und das bis zu fünf Mal. Kiri sei auch deshalb interessant für die Holzindustrie, weil es importierte Tropenhölzer wie Abachi- oder Balsaholz ersetzen kann (Quelle: Galileo).

Plantage mit Kiribäumen (Paulownia)

Kiri – leichte Alternative für Möbel und Innenausbau

Der Einsatzbereich von Kiri oder Paulownia ist vielfältig: Bootsbau, Segelflugzeuge, Messebau und Möbel. Hier punktet das Holz mit „Leichtigkeit“. In China sowie Japan wird es im Baubereich auch für Dach- und Deckenkonstruktionen sowie Türen und Fensterrahmen genutzt. Wegen seiner astfreien, gleichmäßigen Oberfläche eignet sich Kiriholz für Innenausbauten mit ästhetischem Anspruch.

Gelungenes Beispiel ist das Hinge House von Mio Tachibana in Tokio. Für das „Scharnier-Haus“ wurde die japanische Architektin mit dem Weltarchitekturaward ausgezeichnet. Der gesamte Innenbereich – Wände, Treppen, Böden, Einbauten – besteht aus Kiriholz. Für das Dach wurden zwei Trägerbalken mit Scharnieren verbunden, daher Hinge House. Somit ließ sich der Dachstuhl per Kran innerhalb von zwei Stunden errichten (Quelle: mykiritree).

Massivholz-Bausystem mit Kiri

Die Stämme von drei Jahre alten Kiribäumen finden mittlerweile auch in einem Massivholz-Bausystem Anwendung. Die einzelnen Module bestehen aus stabilen Achtkant-Profilen, die ohne Leim oder Metall lediglich mit Holzdübeln verbunden werden. Obwohl Kiri-Holz traditionell für vielfältige Anwendungen bekannt ist, gab es bisher einige konstruktive Einschränkungen, die eine breite Anwendung in der Bauindustrie verhindert haben. Das neue Bausystem ermöglicht nun die Schaffung von Räumen mit einer finalen Höhe von 2,70 Metern, bestehend aus nur drei Modulen von jeweils 95 cm Höhe.

Das Bausystem stellt eine zirkuläre Lösung für die Bauwirtschaft dar: Nach der Nutzungsdauer lassen sich die Module problemlos zurückbauen und in neuen Projekten wiederverwenden. Damit ist ein solches System Vorreiter im Bereich des zukunftsfähigen Bauens.

Urbane Nachverdichtung mit modularen Kiri-Kuben

Kiri eignet sich hauptsächlich für Bereiche, in denen leichte Baukonstruktionen gefragt sind, wie Tiny Houses oder Dachaufstockungen. Darauf hat sich beispielsweise das Start-up MQ Real Estate spezialisiert. Ungenutzte Freiflächen wie Parkbereiche auf Hochhausdächern können so sinnvoll genutzt werden. Ein auffälliges Projekt ist das Skypark Hotel Berlin auf dem Ringcenter. Die von MQ Real Estate und der kiritec GmbH entwickelten Wohnmodule sind aus Paulownia vorgefertigt und lassen sich individuell anpassen.

Das Unternehmen hat das Holz von der Materialprüfanstalt Brandenburg testen lassen. Das Labor untersuchte den Effekt von Basidiomyceten (Ständerpilzen) nach Norm auf 60 Holzproben. 20 Teststücke Buche dienten als Referenz. Das Ergebnis: Kiri ist dauerhaft robust gegen Pilzbefall (Dauerhaftigkeitsklasse 1) und erreichte die beste Emissionsklasse A+. Das Holz muss daher nicht chemisch behandelt werden und ist optimal für ein gesundes Wohnklima. Und auch für Fassadenverkleidungen ist Kiri eine Alternative zu Eiche, Fichte und Buche: Mit einer mittleren Dauerhaftigkeitsklasse von 3-5 sind diese Hölzer wenig resistent gegen Pilz- oder Insektenbefall.

Für das Bauen im großen Stil bedingt geeignet

Für tragende Gebäudepfeiler sowie zum Verschrauben und Nageln eignet sich Kiri wegen seiner geringen Rohdichte nicht. Denkbar ist, es als Beplankung für Wände in Holzmassivbauweise z.B. in Form von Brettsperrholzplatten zu verwenden, die deutlich leichter als herkömmliche Sperrholzplatten sind. Aber auch der Einsatz von Blöcken aus Kiriholz als Wandelemente oder Raumtrenner ist möglich. So hat beispielsweise die Kirimanufaktur mit den Kiribricks eine innovative und modulare Lösung entwickelt: Die Bricks kommen ohne Klebe- oder Schraubverbindungen aus. Kiri ist also ein optimaler Baustoff für den modularen Leichtbau (Quelle: BaustoffWissen).

Aktuell forschen die Firmen kiritec und DERIX an großformatigen Bauelementen aus über Kreuz verleimten Brettsperrholz, auch als CLT (cross-laminated timber) bzw. xlam bezeichnet. Bei der Modulbauweise könnte auch Kiri zum Einsatz kommen. Erstes Ergebnis ist der Tiny Tempel auf der 15. Documenta in Form einer Pyramide aus CLT-Platten.

Kiri bzw. Paulownia hat als nachwachsender Rohstoff Potenzial für die Holz- und Bauindustrie, da es in Deutschland und Europa gute Bedingungen für den Anbau gibt. Vorerst wird der Fokus auf die Fertigung von Möbeln, Innenausbauten sowie kleineren Wohnmodulen liegen, allerdings forschen und entwickeln einige Hersteller auch bereits an weiteren Produkten wie Dämmungen in Form von Platten oder Schüttdämmung, um auch die Reste aus der Produktion optimal nutzen zu können.

Showcase Paulownia: Workbox

Als kleines Haus mit großer Wirkung bezeichnet der Fachbereich Architektur der Alanus Hochschule ihre Workbox. Sie ist Ergebnis einer Bachelorthesis mit der Aufgabe, einen Demonstrator aus nachwachsenden Rohstoffen zu bauen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Edelholzbaum Paulownia und auf Miscanthus. Die Bachelorthesis der Hochschule ist ein Bestandteil des Forschungsprojektes vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) „Kompetenzschwerpunkt Biobasierte Produkte”. Der Demonstrator steht im Unternehmerpark Kottenforst in Meckenheim und soll zeigen, wie die beiden nachwachsenden Rohstoffe zukunftsfähig eingesetzt werden können.

Informationen zur Workbox auf der Website der Alanus Hochschule

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