Stromversorgung und Stromnetz
Stand: Januar 2024Im Zuge der Transformation hin zur Klimaneutralität wandelt sich die Stromerzeugung in Deutschland und Europa grundlegend – weg von größtenteils fossilen Großkraftwerken hin zu erneuerbaren Energien, vor allem aus Wind- und Solarenergie. Bis heute wurde in Deutschland bereits ein Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung von 56 Prozent erreicht. Bis Mitte der 2030er Jahre soll das Stromsystem nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Gleichzeitig wird der Stromverbrauch durch die Elektrifizierung aller Sektoren steigen. Die Nutzung großer nachfrageseitiger Flexibilitätspotenziale sowie steuerbare Kraftwerke, die mit klimaneutralen Energieträgern wie Wasserstoff betrieben werden, sorgen dafür, dass die Stromnachfrage auch zukünftig gedeckt werden kann.
Stromversorgung in Deutschland heute
Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 449 TWh Strom erzeugt, davon 56 Prozent aus erneuerbaren Energien, wobei Windenergie mit 31,7 Prozent und Solarenergie mit 12,3 Prozent die wichtigsten erneuerbaren Energieträger sind (Quelle: Destatis). Allerdings stammt heute weiterhin viel Strom aus fossilen Energieträgern: Braunkohle trug 2023 mit 17,4 Prozent zur Stromerzeugung bei, Steinkohle mit 8,9 Prozent und Erdgas mit 11,1 Prozent (Quelle: Destatis). Der Stromverbrauch lag in 2022 bei rund 519 TWh (Quelle: bdew). Gleichzeitig spielen Im- und Exporte von Strom in Europa eine wichtige Rolle für eine sichere und günstige Energieversorgung. In 2023 wurden rund 54 TWh Strom importiert und 42 TWh exportiert (Quelle: BNetzA).
Transformation zum klimaneutralen Stromsystem
Das Stromsystem befindet sich in einer schnellen und tiefgreifenden Transformation. Die Stromerzeugung soll bis 2035 weitgehend auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Dazu müssen vor allem die Wind- und Solarenergie massiv ausgebaut werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht folgenden Ausbaupfad vor:
- Windenergie an Land von rund 58 GW in 2022 auf 115 GW in 2030 und 160 GW in 2040
- Windenergie auf See von rund 8 GW in 2022 auf 30 GW in 2030 und 70 GW in 2040
- Photovoltaik von rund 67 GW in 2022 auf 215 GW in 2030 und 400 GW in 2040
Damit dieser Ausbau gelingt, müssen die jährlichen Ausbauraten stark steigen und sich auf einem hohen Niveau stabilisieren. Erste Voraussetzungen dafür wurden u.a. durch die Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und die Sicherstellung einer ausreichenden Flächenbereitstellung geschaffen.
Durch die gleichzeitige Transformation des Wärme- und Verkehrs- sowie des Industriesektors und neue Großverbraucher wie Elektrolyseure zur Herstellung klimaneutralen Wasserstoffs wird der Strombedarf bis 2030 auf 680 bis 750 TWh steigen und sich auf dem Weg zur Klimaneutralität in 2045 im Vergleich zu heute mehr als verdoppeln auf über 1.000 TWh.
Neben neuen wetterabhängigen erneuerbaren Erzeugungskapazitäten werden weiterhin auch steuerbare Kraftwerke benötigt, um die Stromnachfrage auch dann decken zu können, wenn in Deutschland und Europa wenig Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht. Der Bedarf an steuerbarer Leistung in 2045, der auf Grundlage von Szenariostudien errechnet wird, liegt bei rund 70 GW. Diese Kraftwerke müssen in Zukunft mit klimaneutralen Energieträgern, zum Beispiel mit Wasserstoff, betrieben werden. Mit der Kraftwerksstrategie und der Plattform Klimaneutrales Stromsystem legt die Bundesregierung aktuell die Grundlage für den Aufbau dieser Kapazitäten.
Versorgungssicherheit
Die Versorgungsicherheit des deutschen und europäischen Stromsystems ist sehr hoch. Dieser hohe Grad an Versorgungssicherheit kann auch in Zukunft in einem klimaneutralen Energiesystem sichergestellt werden. Die Versorgungssicherheit wird regelmäßig sowohl auf europäischer Ebene als auch in Deutschland evaluiert und, wenn nötig, werden Maßnahmen ergriffen.
Eine sichere Stromversorgung hat laut der dena-Publikation Elemente der Versorgungssicherheit und -zuverlässigkeit (PDF / 592 KB) verschiedene Aspekte:
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Damit die Stromnachfrage jederzeit gedeckt werden kann, braucht das Stromsystem ausreichende Erzeugungskapazitäten. Aktuell stehen noch sehr große fossile Erzeugungskapazitäten bereit, die teilweise als Reserve genutzt werden, bis sie durch klimaneutrale Erzeugungsanlagen abgelöst werden können. Der Bedarf auch an steuerbarer Erzeugung und an Reservekraftwerken wird laufend von der Bundesnetzagentur und den Übertragungsnetzbetreibern im Rahmen einer Bedarfsanalyse evaluiert.
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Damit Stromerzeugung und Stromverbrauch miteinander verbunden werden können, braucht es ein hinreichend ausgebautes Stromnetz auf allen Ebenen. Der im Zuge der Transformation nötige Netzausbaubedarf wird je nach Netzebene in verschiedenen Prozessen durch die Netzbetreiber in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur ermittelt und als Netzentwicklungsplan veröffentlicht.
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Die Systemsicherheit und Stabilität wird durch den Aufbau des Stromsystems, die Eigenschaften der Betriebsmittel sowie der Netznutzer beeinflusst und durch den Netzbetrieb mithilfe von Systemdienstleistungen sichergestellt. Durch den Wandel des Stromsystems ändern sich sowohl die Eigenschaften als auch die Anforderungen an die Systemdienstleistungen und deren Beschaffung. Die Systemstabilität und die Bedarfe für zusätzliche Betriebsmittel sowie Systemdienstleistungen werden regelmäßig von den Übertragungsnetzbetreibern im Rahmen des Netzentwicklungsplans evaluiert. Mit der „Roadmap Systemstabilität“ hat das BMWK einen Prozess aufgesetzt, der die Anforderungen im zukünftigen Stromsystem evaluiert und nötige Maßnahmen identifiziert. Die Bundesnetzagentur veröffentlicht regelmäßig einen Bericht zur Versorgungsicherheit mit Strom.
Verstärkung und Ausbau der Stromnetze
Das Stromnetz sorgt dafür, dass Stromerzeuger und Verbraucher miteinander verbunden sind. Es besteht aus mehreren Netzebenen, die mit unterschiedlichen Spannungen betrieben werden und unterschiedliche Funktionen erfüllen:
- Das Übertragungsnetz sorgt mit seinen „Stromautobahnen“ auf Höchstspannungsebene (380 kV und 220 kV, bzw. bis zu 525 kV DC) für den überregionalen Transport von Strom. Auf dieser Ebene ist das deutsche Stromnetz auch mit den europäischen Nachbarn verbunden.
- Das Verteilnetz sorgt für eine regionale Verteilung des Stroms und sammelt regional erneuerbare Stromerzeugung ein. Es besteht aus den Hoch- (110 kV), Mittel- (10 kV-35 kV) und Niederspannungsnetzen (230 V – 400 V). Im Verteilnetz ist der weit überwiegende Anteil der Verbraucher angeschlossen und hier wird auch ein Großteil der erneuerbaren Erzeugung aus Wind- und Solarenergie angeschlossen.
Die Anforderungen an die Stromnetze wandeln sich sowohl durch die neue Erzeugungsstruktur als auch durch neue Verbraucher. Deshalb müssen die Netze auf allen Ebenen verstärkt und ausgebaut werden. Trotz der hohen Ausbaubedarfe ist der Netzausbau eine gesamtwirtschaftlich effiziente Lösung, da mit bedarfsgerecht ausgebauten Netzen erneuerbare Energien bestmöglich genutzt werden können.
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Der Ausbaubedarf im Übertragungsnetz wird durch die Übertragungsnetzbetreiber alle zwei Jahre im Rahmen des Netzentwicklungsplans Strom ermittelt. Die Maßnahmen werden durch die Bundesnetzagentur bestätigt und durch den Bundestag im Bundesbedarfsplangesetz festgeschrieben. Im Netzentwicklungsplan Strom 2037/2045 von 2023 wurde ein Bedarf von rund 20.000 km Netzverstärkungs- und Ausbaumaßnahmen bereits bis 2037 ermittelt. Hinzu kommen Maßnahmen zur Anbindung von Offshore-Windenergieanlagen von bis zu 13.000 km Länge bis 2045. Die geschätzten Kosten für die Verstärkung und den Ausbau des Onshore-Netzes belaufen sich auf rund 150 Mrd. Euro. Offshore kommen rund 100 Mrd. Euro hinzu.
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Der Ausbaubedarf in den Verteilnetzen wird regelmäßig durch die Verteilnetzbetreiber ermittelt und ist vor allem durch den Anschluss neuer erneuerbarer Erzeugungsanlagen sowie vor allem in Ballungsgebieten durch neue Verbraucher getrieben. Ab 2024 sind die großen Verteilnetzbetreiber verpflichtet, detaillierte Netzausbaupläne vorzulegen. Die zugrundeliegenden Szenarien wurden im Sommer 2023 veröffentlicht.
Weiterführende Informationen
Zahlen zur Stromerzeugung in Deutschland
Folgende Diagramme entstammen dem dena-Gebäudereport 2024. Der Gebäudereport als PDF-Download sowie weitere interaktive Diagramme mit Zahlen und Daten zum Gebäudebestand in Deutschland können auf der Themenseite zum Gebäudereport 2024 abgerufen werden.
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Entwicklung der Bruttostromerzeugung nach Energieträgern
Datenquelle: BMWK 2023: Energiedaten: Gesamtausgabe. Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Angerufen von: Direkte Datenabfrage beim BundesministeriumAbb. 77: Entwicklung der Bruttostromerzeugung nach Energieträgern
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Braunkohle Steinkohle Öl Erdgas Kernkraft Erneuerbare Sonstige 1990 171 141 11 36 153 20 19 1991 158 150 15 36 147 18 16 1992 155 142 13 33 159 21 16 1993 148 146 10 33 154 21 16 1994 146 145 10 36 151 23 17 1995 143 147 9 41 154 25 18 1996 144 153 8 46 162 23 17 1997 142 143 7 48 170 24 17 1998 139 153 7 51 162 26 19 1999 136 143 6 52 170 29 20 2000 148 143 6 49 170 38 23 2001 155 138 6 56 171 39 21 2002 158 135 9 56 165 46 18 2003 158 147 10 63 165 47 20 2004 158 141 11 63 167 58 20 2005 154 134 12 72 163 63 24 2006 151 138 11 75 167 73 25 2007 155 142 10 78 141 89 26 2008 151 125 10 89 149 94 25 2009 146 108 10 80 135 96 21 2010 146 117 9 89 141 105 27 2011 150 112 7 86 108 124 25 2012 161 116 8 76 100 143 26 2013 161 127 7 67 97 152 26 2014 156 119 6 61 97 162 27 2015 155 118 6 62 92 188 27 2016 150 112 6 81 85 189 27 2017 148 93 6 86 76 216 28 2018 146 83 5 82 76 223 27 2019 114 58 5 90 75 242 25 2020 92 43 5 95 64 252 25 2021 110 55 5 90 69 234 25 2022 116 64 4 80 35 254 24
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Anteil erneuerbarer Energien am Strommix 2022
Datenquelle: BMWK 2023: Energiedaten: Gesamtausgabe. Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Angerufen von: Direkte Datenabfrage beim Bundesministerium* Biogener Anteil mit 50 % angesetzt
Abb. 78: Anteil erneuerbarer Energien am Strommix 2022
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Windkraft Photovoltaik Biomasse Wasserkraft Biogener Anteil des Abfalls* Geothermie 2022* 125,3 60,8 44,6 17,5 5,6 0,2
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