Alternative Baustoffe: Gebäude als Kohlenstoffspeicher
Stand: Juni 2023Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind vielseitig verwendbar, atmungsaktiv und isolierend. Sie können CO2-intensive Ressourcen ersetzen und Kohlenstoff in Gebäuden binden.
Wenn es um Klimaschutz im Gebäudesektor geht, steht meist der Betrieb von Gebäuden im Vordergrund. Dabei emittieren Bauwerke rund ein Drittel ihrer Treibhausgas-Emissionen bereits in der Bauphase. Denn wer heute baut, tut dies in der Regel mit mineralischen Baumaterialien wie Beton. Das ist ein Problem, denn die Herstellung ist sehr energieintensiv und setzt viel CO2 frei. Zudem werden herkömmliche Baumaterialien oft so eingesetzt, dass sie nicht wiederverwendet werden können. Unter dem Strich verbraucht der Bausektor hierzulande 92 Prozent der mineralischen Ressourcen und ist für 55 Prozent des Abfallaufkommens verantwortlich.
Nachwachsende Rohstoffe: viele Möglichkeiten – und CO2 -Speicher
Dabei stehen nachwachsende Rohstoffe als alternative Baumaterialien bereit. Gemeint sind Produkte aus der Land- und Forstwirtschaft wie Holz, Stroh oder Hanf. Während der Wachstumsphase nehmen die Pflanzen CO2 auf und speichern es. Um sie als Baustoff aufzubereiten, sind meist nur geringe Energiemengen notwendig. Und wenn sie verbaut sind, binden sie das gespeicherte CO2. Mit Hilfe nachwachsender Rohstoffe könnten Gebäude von Kohlenstoffemittenten langfristig zu Kohlenstoffspeichern werden.
Nachwachsende Rohstoffe eignen sich als Alternative zu mineralischen Baustoffen sowohl für den Neubau als auch für Sanierungsprojekte. Holz ist dabei ein Multitalent: Vom Tragwerksbau über Dachkonstruktionen bis hin zum Innenausbau ist alles möglich. Weitere Optionen sind Hanf und Stroh, die als Dämmstoffe leicht, atmungsaktiv und isolierend sind. Bei der Wahl eines Baustoffs sollten Bauherren und Planende sich immer die Frage stellen: Was ist regional verfügbar? Denn aus der Nachhaltigkeitsperspektive macht es wenig Sinn, Baustoffe um die halbe Welt zu transportieren.
Synergien bei Paludikulturen: Moore renaturieren und landwirtschaftlich nutzen
Einen besonderen Mehrwert bietet eine Verbindung von Bau- und Landwirtschaftssektor im Fall von sogenannten Paludikulturen – der nassen Bewirtschaftung von Moorböden. Angebaut werden können beispielsweise Schilf und Rohrkolben, die als Baustoffe unter anderem für Dächer oder als Dämmstoffe eingesetzt werden. Die Renaturierung von Mooren kann CO2-Emissionen im großen Maßstab reduzieren. Der Grund: Intakte Moore sind natürliche CO2 -Speicher. Werden sie aber für die landwirtschaftliche Nutzung trockengelegt, geben sie das gespeicherte CO2 in großen Mengen wieder ab. Aktuell sind entwässerte Moore für sieben Prozent der gesamten deutschen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Eine wachsende Nachfrage nach Paludikulturen aus dem Bausektor kann Landwirten einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, Moore wiederzuvernässen – für natürlichere Baustoffe und weniger CO2-Emissionen.
Netzwerke zwischen den Sektoren schaffen
Das Beispiel Paludikulturen zeigt: Eine nachhaltige Transformation muss sektorübergreifend und vernetzt gedacht werden. So könnte eine größere Nachfrage nach nachwachsenden Baumaterialien neue Wertschöpfungsketten anstoßen und Anreize für Landwirte schaffen, ihren Anbau umzustellen. Darüber hinaus ist eine größere Experimentierbereitschaft der Branche gefragt, um verschiedene Anwendungsmöglichkeiten der Baumaterialien auszuloten und in die Praxis zu bringen. Einen geeigneten Rahmen dafür können beispielsweise Reallabore bieten – vergleichbar mit dem Forschungsquartier Neue Weststadt in Esslingen, in dem verschiedene Konzepte der klimaneutralen Energieversorgung unter dem Schwerpunkt Wassersstoff untersucht wurden.
Panel auf den Berliner Energietagen
Auf den Berliner Energietagen Ende Mai hat das Gebäudeforum klimaneutral unter dem Titel „Gebäude als Kohlenstoffspeicher – Aktiver Klimaschutz durch sektorübergreifende Kooperationen“ ein Panel zu diesem Thema organisiert. Die Impulsvorträge:
- Gebäudebestand als Kohlenstoffspeicher – wie müssen wir bauen? (Prof. Eike Roswag-Klinge)
- Bericht aus der Praxis: Wie geht nachhaltiges Bauen in Frankreich? (Katharina Brockstedt)
- Paludikulturen - Moorschutz, Landwirtschaft und neue Baustoffe (Anke Nordt)
Die einzelnen Präsentationen können auf der Veranstaltungsseite heruntergeladen werden.