Innovativer Ansatz: Sanierungssprints für Gebäude
Stand: Juli 2024Sanierungen schneller, effizienter und günstiger durchführen? Das wollen Sanierungssprints erreichen. Ein Überblick zum Konzept – und was es für Planende, Architektinnen und Handwerker bedeutet.
Sanierungen werden häufig als wenig attraktiv, langwierig und aufwändig wahrgenommen, verbunden mit längerfristigen Komfort- und Alltagseinschränkungen. Zudem sind die Kosten teils schwer überschaubar. Dort setzt der sogenannte Sanierungssprint an – ein optimierter Prozess zur energetischen Sanierung von Ein- und Zweifamilienhäusern. Gegenüber der traditionellen Praxis wird noch detaillierter geplant, noch effizienter umgesetzt – und vor allem gewerkeübergreifend eng zusammengearbeitet. Ziel ist es, den Kern der Sanierungsaktivitäten in 22 Bautagen umzusetzen.
Erfolgreiches Pilotprojekt in Hamburg
Im Auftrag von Agora Energiewende haben das ifeu-Institut und Forschende der Universität Stuttgart den Sanierungssprint mit einem Pilotprojekt in Hamburg umfassend getestet. Ziel war es, ein Einfamilienhaus innerhalb von 22 Werktagen energetisch zu sanieren und dabei Kosten und Qualität mit konventionellen Sanierungen zu vergleichen. Die zentralen Ergebnisse waren vielversprechend:
- Energieeinsparungen: Der spezifische Endenergiebedarf des sanierten Gebäudes konnte von 369 kWh/m2 auf 28 kWh/m2 reduziert werden.
- CO2-Reduktion: Die rechnerischen CO2-Emissionen des Einfamilienhauses sind um 87 Prozent gesunken.
- Projektdauer: Die Projektdauer inklusive der gesamten Planungsphase wurde um etwa 50 Prozent verkürzt, die Kernphase der Sanierung dauerte lediglich 22 Werktage.
- Kosten: Die Kosten für die energetische Sanierung, die vollständige Modernisierung und eine Wohnflächenerweiterung inklusive neuem Bad lagen mit rund 2.579 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im unteren Bereich von konventionellen Sanierungen in dieser Größenordnung.
- Qualität: Bei der Qualität der Bauausführungen gab es weder bei der Sanierung noch während der Abnahme Auffälligkeiten.
Planung und Vorbereitung als Schlüssel
Wie sind die Beteiligten vorgegangen? Die Vorbereitung begann mit einem detaillierten Briefing und einer Baustellenbegehung, bei der alle Beteiligten – Planende, Architektinnen und Handwerker – die geplanten Maßnahmen und den Bauzeitenplan besprachen. Zudem koordinierte ein Sanierungscoach die gesamte Sanierung und stellte sicher, dass alle Gewerke nahtlos zusammenarbeiteten. Die Rolle kann grundsätzlich von verschiedenen Berufsgruppen in Verbindung mit Weiterqualifizierungsmaßnahmen erfüllt werden: erfahrene Handwerkerinnen und Handwerker, Fachbauleitende einer Baufirma oder Energieberatende. Während der Kernphase der Sanierung wurden die Arbeiten teilweise parallel durchgeführt, um die Effizienz zu maximieren. Die Baustelle wurde in Innen- und Außenbereiche aufgeteilt, was eine klare Strukturierung der Arbeiten ermöglichte. Eine Baustellenassistenz kümmerte sich um die Materialvorbereitung und -logistik, so dass die Facharbeiter ihre Zeit optimal nutzen konnten.
Hohe Zufriedenheit bei beteiligten Gewerken
Über 80 Prozent der Handwerkerinnen und Handwerker gaben an, dass sie erneut an einem Sanierungssprint teilnehmen oder ihn weiterempfehlen würden. Sie bewerteten die Arbeitsumgebung als motivierender und effizienter im Vergleich zu konventionellen Baustellen. Gleichzeitig stellten die parallelen Arbeitsabläufe hohe Anforderungen an die Flexibilität und Zusammenarbeit der Beteiligten. Für eine breitere Umsetzung von Sanierungssprints sind weitere Anpassungen und vor allem Schulungen der beteiligten Akteure notwendig.
Die Agora Energiewende nennt in der Studie darüber hinaus fünf Maßnahmenempfehlungen für eine politische Unterstützung, zum Beispiel eine zentrale Sanierungssprint-Marktentwicklungsstelle zu schaffen. Klar ist: Durch optimierte Prozesse, klare Koordination und standardisierte Maßnahmen können signifikante Energieeinsparungen und CO2-Reduktionen erzielt werden. Die positiven Ergebnisse aus dem Pilotprojekt in Hamburg zeigen, dass dieser Ansatz das Potenzial hat, die Sanierungspraxis grundlegend zu verändern.
Weiterführende Informationen
Mehr Informationen und die detaillierten Kostenkalkulationen finden sich in der Agora-Studie:
Der Sanierungssprint für Ein- und Zweifamilienhäuser (PDF / 3 MB)