Building Information Modeling (BIM)
Stand: November 2022Ein digitales Modell, der so genannte digitale Zwilling, von Häusern oder Straßen soll die Baubranche für die Zukunft fit machen. Die Vision: Architekturbüros, Tiefbaufirmen und Facility Manager arbeiten mit dem gleichen, zentralen Werkzeug. Der digitale Zwilling speichert über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes - also während Planung, Bauzeit, Bewirtschaftung und Rückbau – sämtliche Daten des Bauwerks. Das vereinfacht die Abstimmung, spart Zeit und Ressourcen und unterstützt so eine genauere und möglichst fehlerfreie Planung.
Seit 2019 erarbeitet die Bundesregierung so genannte Masterpläne für Straße, Schiene und Hochbau, um der Methode zum Durchbruch verhelfen. Spätestens 2025 ist BIM für alle Bauaufträge der öffentlichen Hand verpflichtend.
Zusammenfassung
Vom 2D-Modell zum 5D-Modell
Was früher das Reißbrett war, soll zukünftig BIM sein. Alle an einem Gebäude beteiligten Gewerke arbeiten gemeinsam an einem softwarebasierten digitalen Modell. So wird frühzeitig deutlich, wo beispielsweise noch Platz für Kabel oder andere Installationen ist oder an welchen Stellen es mögliche Kollisionen (Architektur versus Gebäudetechnik) geben könnte. Auch Änderungen an der Planung (Grundriss, Bauteile, Baumaterialien, Gebäudetechnik) werden in Echtzeit für alle beteiligten Gewerke sichtbar und auf mögliche Konflikte oder Verbesserungen geprüft. Die LCA (Life-Cycle-Assessment / Lebenszyklusanalyse oder Ökobilanzierung) und LCC (Life-Cycle-Costing / Lebenszykluskostenrechnung) kann in diesem Prüfprozess so auch direkt aktualisiert werden. BIM ermöglicht also eine agile Planung. Hier liegt die Betonung auf Echtzeit. Und nicht nur die Form kann modelliert werden; die Planenden hinterlegen auch Informationen zu den Bauteilen: Wie ist die Wand aufgebaut? Welche Tür soll eingesetzt werden? Wie groß ist die Tür und aus welchen Materialien besteht sie? So ergibt sich ein fünfdimensionales Modell: Das 3D-Modell wird ergänzt um die zeitliche Komponente sowie die kostenbezogenen Informationen des Gebäudes. Aber auch wichtige Informationen wie Nachhaltigkeits- oder Effizienzaspekte sowie notwendige Informationen für die Betriebsphase oder weitere Eigenschaften können in das digitale Modell eingebracht werden.
Die Daten aus Ingenieurbüros, von Tiefbaufirmen oder Materiallieferanten werden zentral gespeichert und strukturiert zusammengefasst. Alle Beteiligten können das digitale Modell des Gebäudes einsehen, in der Planungsphase miteinander abstimmen oder später von den Informationen zur Bauweise profitieren. Je nach Anforderung können Pläne, Listen, Kalkulationen, Terminpläne, Berechnungsmodelle, Animationen daraus abgeleitet werden. Perspektivisch sollen auch Informationen zu Ökobilanz und Materialzusammensetzung der Baustoffe und Bauteile und weitere relevante Informationen miteinbezogen werden.
Im Hinblick auf den zu erwartenden Gebäuderessourcenpass bzw. Materialpass ermöglicht ein digitales Werkzeug wie BIM das notwendige Datenmanagement für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes.
Neues Aufgabenfeld: BIM-Manager
Architekturbüros, Bauunternehmen, Handwerksbetriebe und Facility Manager werden über kurz oder lang nicht darum herumkommen, sich mit BIM zu beschäftigen.
Durch das gemeinsame Planungswerkzeug ergibt sich eine engere Zusammenarbeit, als es bisher üblich war. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen für die Methode geschult werden. Es entstehen neue Aufgabenfelder, wie die Rolle des BIM-Managers. Die Weiterbildung dauert circa eine Woche. Voraussetzung ist Arbeitserfahrung im Bauwesen. BIM-Verantwortliche koordinieren die am Bau Beteiligten und sind für die Vorbereitung, Steuerung und Sicherung der Optimierungsziele mit BIM verantwortlich.
Um die Methode in Deutschland im öffentlichen Bauwesen zu etablieren, hat der Bund ein BIM-Kompetenzzentrum eingerichtet. BIM Deutschland ist das nationale Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens. Es ist Beratungsstelle und verantwortlich für alle nationalen BIM-Aktivitäten. Über das BIM-Portal sollen zukünftig alle öffentlichen Vergaben für Bauaufträge abgewickelt werden. Im Portal findet sich eine strukturierte und abgestimmte Wissensbasis für einheitliche Begrifflichkeiten und Standards. Hier werden Merkmale, wie beispielsweise die Feuerwiderstandsklasse definiert. Das BIM-Portal stellt außerdem Prüfwerkzeuge für Auftraggeber und -nehmer zur Verfügung.
BIM für Bundesbauten - verpflichtend ab spätestens 2025
Verschiedene Pilot- und Forschungsprojekte haben herausgearbeitet, welche Anforderungen BIM an Daten, Prozesse, Qualifikationen sowie an die Technologien und weitere Rahmenbedingungen stellt.
Der Masterplan BIM Bundesbauten ist im Oktober 2021 erschienen. Er beschreibt die drei Stufen zur Einführung von BIM im Bundesbau. Seit 2021 werden die Grundlagen geschaffen, um BIM nach einheitlichen Standards einzuführen. In der zweiten Phase wird BIM nach und nach angewendet, gestaffelt nach Bauprojektvolumen. In der dritten Phase soll BIM bei allen neuen Projekten angewendet werden. Das ist voraussichtlich 2025 der Fall. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie sich zukünftig nur für öffentliche Aufträge des Bundes bewerben können, wenn sie BIM-Daten bereitstellen können.
Weitere Instrumente für die Planung und Bewertung der Kreislaufpotenziale von Baukonstruktionen
Der Urban Mining Index (UMI) ist ein innovatives Planungs- und Bewertungsinstrument bzw. eine Systematik zur quantitativen Bewertung des Kreislaufpotenzials, also dem Grad der Nachnutzungsfähigkeit von Materialien und Baukonstruktionen in der Neubauplanung. Eine Implementierung in BIM und eine Weiterentwicklung als Online-Anwendung ist angedacht, wurde aber bislang noch nicht umgesetzt.
Ein Materialkataster kann als globale Online-Plattform, die für eine systematische Erfassung, Speicherung und Verwaltung von Informationen von Gebäuden entwickelt wurde, genutzt werden. Das BIM-Modell eines Gebäudes kann während der Planungsphase auf eine solche Plattform hochgeladen und um weitere Informationen ergänzt werden und dient so als Grundlage. In einem Materialkataster finden sich Informationen über Qualität, Herkunft und Lage von Materialien in einem Gebäude, Möglichkeiten der Rückgewinnung und des Recyclings im Sinne der Kreislaufwirtschaft und Informationen über den aktuellen Materialwert der im Gebäude geplanten oder verbauten Materialien und Bauteile.
Videoempfehlung
Die von der ZEBAU GmbH in Kooperation mit dem Gebäudeforum klimaneutral durchgeführte Veranstaltung „Building Information Modeling (BIM) – Transparenz und Wirtschaftlichkeit im Gebäudebetrieb durch digitale Gebäudezwillinge“ wurde aufgezeichnet und kann als Video abgespielt werden.
Referentinnen und Referenten der Veranstaltung
- Prof. Daniel Mondino BIM HUB Hamburg/ Architekturbüro CORE Digital Engineering GmbH: Building Information Modeling (BIM) - Wo stehen wir gerade?
- Alexander Grad, Kaulquappe AG Zürich: Der digitale Zwilling für Ihr Gebäude
- Melanie Zirn, RHWZ Architekten Hamburg: Der Praxisbericht: Das neue Korallus-Quartier in Hamburg-Wilhelmsburg
Weiterführende Informationen
- BIM Deutschland: Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens - Zentrale Anlaufstelle rund um das Thema BIM
- planen bauen 4.0: Informationen zur BIM Implementierung
- Mittelstand 4.0: Kompetenzzentrum Planen und Bauen
- DIN Media: Allgemeine Informationen zum Thema BIM
- BIM World München: Führende Netzwerkplattform für Akteure der Digitalisierung der Bau-, Immobilien- und Infrastrukturbereich.