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Urban Mining Index

Stand: März 2022
Foto, im Vordergund ein großer Stapel alter Ziegelsteine, daran angelehnt mehere alte Fensterelemente. Im Hintergrund weitere Bauabfälle.

Um das Kreislaufpotenzial, also die Nachnutzungsfähigkeit von Materialien und Bauteilen bereits in der Neubauplanung bewerten zu können, wurde von Prof. Dr. Anja Rosen mit Unterstützung von Univ. Prof. Annette Hillebrandt an der Bergischen Universität Wuppertal mit dem Urban Mining Index (UMI) ein innovatives Planungsinstrument für zirkuläres Bauen entwickelt. Mit dem UMI ist es möglich, die in Gebäuden und Infrastruktur verbauten Materialien und Bauteile und die daraus entstehenden Wert- und Abfallstoffe zu berechnen und nach den Qualitätsstufen ihrer Nachnutzungsfähigkeit über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu bewerten.

Zusammenfassung

Urban Mining – Rohstofflager Gebäude

In den letzten Jahrzehnten war es wichtig, schnell und kostengünstig zu bauen. Die Frage, ob die verbauten Rohstoffe am Lebenszyklusende eines Gebäudes, also nach dem Abbruch wiederverwendet werden können, hat sich kaum jemand gestellt.

Das CRCLR Haus im Berliner Stadtteil Neukölln wird seit 2019 renoviert und durch zirkuläre Prozesse aufgewertet. Ziel des Projektes ist es, das sogenannte Circular-Building zu implementieren, also ein Gebäude so zu bauen, dass die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden.

Es steht eine Kehrtwende an, da Ressourcen aktuell knapper werden und gleichzeitig der Bedarf nach Rohstoffen wächst. Auch ist der Bausektor einer der weltweit ressourcenintensivsten Wirtschaftszweige und weist das höchste Abfallaufkommen auf. Insofern ist es notwendig, ab sofort Baustoffe in geschlossenen Kreisläufen zu führen und wiederzuverwenden, statt diese auf Deponien als Abfall zu entsorgen. Es geht um eine Abkehr von einem linearen Wirtschaftsmodell (take – make – waste) hin zu einer zirkulären Kreislaufwirtschaft, wobei unsere gebaute Infrastruktur als Rohstofflager mit funktionierenden Stoffströmen zu verstehen ist und zur Verfügung gestellt werden muss.

„Urban Mining“ nennt man den Prozess der Rückgewinnung und Wiederverwendung von Materialien aus sogenannten anthropogenen Lagern, also die Rückgewinnung bereits verbauter Materialien und Bauteile aus Gebäuden, Infrastrukturen oder Produkten.

Wie funktioniert der Urban Mining Index?

Der Urban Mining Index (UMI) ist ein Planungsinstrument für Architektinnen und Architekten sowie Bauingenieurinnen und Bauingenieure, mit dem die Kreislauffähigkeit oder auch Nachnutzungsfähigkeit von Bauteilen und ganzen Gebäuden anhand quantitativ messbarer Parameter bewertet und gemessen werden kann.

Das wichtigste Kriterium in der Bewertung ist die Unterscheidung nach der Qualität der Nachnutzung: Wiederverwendung ist das höchste Ziel, hochwertiges Recycling geht vor Downcycling. Auch ist der UMI ein effektives Werkzeug, um die Wirtschaftlichkeit eines selektiven Rückbaus (Arbeitsaufwand und Materialwert) zu erfassen. Von der Wirtschaftlichkeit hängt die Wahrscheinlichkeit einer hochwertigen Nachnutzung ab, denn sie gilt als Voraussetzung für die Rückgewinnung sortenreiner Baustoffe.

Mit der Systematik des Urban Mining Index werden also in erster Instanz Gebäude und deren Bauteile, Bauelemente und Bauteilschichten erfasst. In einem weiteren Schritt werden alle eingehenden Materialien (z.B. Klinker, Beton, Stahl, Holz) unterschieden nach Primär- und Sekundärrohstoffen sowie alle daraus resultierenden Wert- und Abfallstoffe über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes berechnet und nach den Qualitätsstufen einer möglichen Nachnutzung eingeordnet und bewertet.

In der Bewertungsmatrix schneiden rückbaubare und sortenrein trennbare bzw. kompostierbare Baustoffe und Bauteile wesentlich besser ab als Baustoffe, die nicht wieder in derselben Qualität nachgenutzt oder sogar nach Ende ihrer Lebensdauer entsorgt werden müssen. Auf diese Weise soll ein geschlossener Werkstoffkreislauf sichergestellt werden mit möglichst geringem Qualitätsverlust.

Urban Mining Index

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Podcast des Gebäude Energieberaters

Der Urban Mining Index bewertet, wie gut ein Neubau oder Umbau auf die Kreislaufwirtschaft vorbereitet ist. Professorin Anja Rosen erklärt im Podcast Gebäudewende, was in den Index einfließt und wie er die Zirkularität am Bau erhöhen kann.

Zum Podcast

Relevant ist eine gesamtheitliche Betrachtung über alle Lebenszyklusphasen: Pre-Use-, Use- und Post-Use-Phase. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass bereits in der Planung relevante Aspekte wie die Auswahl der Baustoffe und die Art und Weise der baulichen Verbindungen mitgedacht werden. Das spielt eine wichtige Rolle dafür, ob zurückgebaut werden kann, wie hoch der zu erwartende Aufwand dabei und wie lange die Nutzungsdauer ist.

„Dabei werden verschiedene Qualitätsstufen der zirkulären Materialnutzung Pre-Use und Post-Use (vor und nach der geplanten Nutzung) unterschieden und differenziert gewichtet: Materialien, die auf gleichbleibendem Qualitätsniveau in geschlossenen Kreisläufen geführt werden können (Wiederverwendung und Recycling), fließen in das ‚Closed-Loop-Potenzial‘ ein. Dagegen fließen Materialien, die nur unter Qualitätsverlust in offenen Kreisläufen geführt werden können (Weiterverwendung und Downcycling), in das ‚Loop-Potenzial‘ ein" (Quelle: Urban Mining Index).

Damit Materialien als kreislauffähig beurteilt werden, müssen die daraus hergestellten Bauteile und -produkte demontierbar sein und die enthaltenen Wertstoffe sortenrein getrennt werden können. Je wirtschaftlicher der selektive Rückbau ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Material als hochwertig im Sinne der Kreislaufwirtschaft eingeschätzt wird und damit ein „hochwertiges End-of-Life-Szenario“ erreicht. Die Wirtschaftlichkeit misst sich daran, wie hoch der Restwert und der Arbeitsaufwand für eine sortenreine Rückgewinnung nach der Nutzung des Materials ist.

Aus der Gesamtheit und der Gewichtung dieser Paramter ergibt sich der quantitative Bewertungsmaßstab auf Gebäudeebene: der Urban Mining Indicator. Aus der Systematik heraus können neue Konstruktionsprinzipien für ein Bauen entwickelt und begründet werden, das dem Urban Mining Design gerecht wird.

Urban Mining Design – Richtig planen und bauen

Beim Urban Mining Design muss in erster Instanz eine rückbau- und kreislauffähige Planung von Anfang an mitgedacht werden. Hierfür ist es zwingend notwendig, dass auch die unterschiedlichen Ebenen in allen Phasen gedanklich einbezogen werden: bei Entwurf, Produktion, Montage, Verwaltung, Instandhaltung, Demontage, (Wieder-)Verwendung und Umwandlung sowie Transformation .

In der Vergangenheit wurden die meisten Gebäude nicht mit dem Gedanken an Rückbau und Wiederverwendung geplant. Mit der richtigen Auswahl nachhaltiger Baustoffe und einem klugen „Design for Disassembly“ oder „Design for Re-Use“ können Architektinnen und Architekten sowie Bauherrinnen und Bauherren ein möglichst gutes Bewertungsergebnis im Urban Mining Index erreichen.

Foto, Blick auf das Rathaus in Korbach.
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Als Lehrstuhl für "Baukonstruktion, Entwerfen und Materialkunde" widmen wir uns ganz dem nachhaltigen Bauen. Vor dem Hintergrund knapper und teurer werdender Ressourcen kommt den anthropogen…

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Studien & Berichte

Urban Mining Index. Entwicklung einer Systematik zur quantitativen Bewertung der Kreislaufkonsistenz von Baukonstruktionen in der Neubauplanung

In der Dissertation von Dr. Anja Rosen wird eine Systematik vorgestellt, mit der die Kreislaufkonsistenz von Baukonstruktionen und Gebäuden in der Neubauplanung gemessen und bewertet werden kann.

Stand: März 2021

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