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Geschäftsmodelle für zirkuläres Bauen

Stand: Januar 2023
Foto, Luftaufnahme dreierGebäude mit PV-Modulen auf dem Dach, die sich um einen kreisrunden Brunnen gruppieren.

Kreislaufwirtschaft und zirkuläre Geschäftsmodelle gewinnen in der Forschung sowie für die praktische Umsetzung an Bedeutung. Sie können Hebel sein, um Ressourcen und Potenziale des Bausektors für den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu nutzen und den Materialeinsatz zu minimieren. Trotzdem besteht erhebliche Unsicherheit darüber, wie die neuen Geschäftsmodelle in den bestehenden Wertschöpfungsketten der Bauindustrie umgesetzt werden können und welche Wertströme dadurch entstehen.

Potenzial der Kreislaufwirtschaft für den EU-Markt

Die EU-Taxonomie-Verordnung von 2020, die die Maßgaben des Pariser Klimaschutzabkommens sowie der UN-Agenda 2030 stärker berücksichtigt, zielt auf mehr Nachhaltigkeit im Wirtschafts- und Finanzsystem ab. Danach müssen EU-weit Abfallaufkommen bei Bau- und Abbruchprozessen bestmöglich reduziert werden, Baumaterialien und -elemente dürfen keine Schadstoffe enthalten und mindestens 70 Prozent der Abriss- und Baustellenabfälle sollen wiederverwendet werden. Kreislauffähigkeit wird zum Kriterium bei Finanzprodukten, was sich auf die Bewertung von Immobilienprojekten auswirkt.

Im Rahmen regulatorischer Verordnungen wie der EU-Taxonomie und der EU-Abfallrahmenrichtlinie bietet der Markt sehr gute Chancen für neue Produkte und neue Prozesse, die nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft funktionieren. Dies wird mit finanziellen, sozialen und ökologischen Vorteilen für Unternehmen, die entsprechend investieren, verbunden sein sowie mit steigenden Wachstumsraten. Nach Schätzungen der ING Bank (2015) wächst die Kreislaufwirtschaft in den folgenden zehn Jahren um bis zu vier Prozent.

Innovative Unternehmen erschließen sich aktuell bereits neue Geschäftsfelder und gestalten etablierte Märkte mit großer Geschwindigkeit um. Das Konzept der „Circular Economy" erstarkt und Unternehmen beginnen das enorme Potenzial eines nachhaltigen, ressourcenschonenden Wirtschaftsmodells zu nutzen.

Was ist Kreislaufwirtschaft?

Das Ziel der „Circular Economy" ist es, das destruktive „Take-Make-Waste“-Produktionsmodell zu überwinden, das sich in der Ära nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt hat. Entsprechende Definitionen beziehen sich auf eine Kombination von Reduzierungs-, Wiederverwendungs- und Recyclingaktivitäten. Im Kern geht es um die Wiederverwendung von Produkten, Komponenten und Materialien in höchstmöglicher Qualität über möglichst dauerhafte Zyklen. Kreislaufwirtschaft bedeutet also mehr als Recycling zu minderwertigen Produkten und Energierückgewinnung. Sie basiert nicht auf einem linearen Abfallsystem, sondern auf einem zirkulären System, in dem Ressourcen endlos genutzt werden können.

Die Ellen McArthur Foundation hat die Kreislaufwirtschaft als ein System definiert, in dem Materialströme in zwei interagierende Kreisläufe unterteilt werden – in einen technischen und einen biologischen Ressourcenkreislauf. Produkte und industrielle Prozesse müssten so gestaltet werden, dass die für ihre Produktion genutzten Ressourcen in einem der zwei Kreisläufe ständig bewegt und wiederverwendet werden können. Nach dem Konzept der Ellen McArthur Foundation ist für Produkte der Bauindustrie der technische Kreislauf relevant.

Zirkuläre Geschäftsmodelle für die Bauindustrie

Unternehmerische Pioniere sind entscheidend, damit eine sich selbst verstärkende Eigendynamik hin zu einer „Circular Economy“ entstehen kann: Durch Nachahmung diffundieren zirkuläre Geschäftsmodelle in unterschiedliche wirtschaftliche Sektoren sowie in die Gesellschaft. Im Zentrum des unternehmerischen Handelns bleibt dabei maßgeblich, Wert zu schaffen (Value Creation), Wert anzubieten (Value Transfer) und sich selbst einen Teil des geschaffenen Wertes anzueignen (Value Capture).

Das übergreifende Ziel zirkulärer Geschäftsmodelle ist, dass für die Wertschöpfung Ressourcen in mehreren Kreisläufen durch Unternehmen genutzt, Abfall und Verbrauch reduziert und Prozessenergie aus erneuerbarer Energie bezogen wird. Für eine erfolgreiche Umsetzung müssen Unternehmen Input, Transformationsprozesse und Output analysieren und den Fokus auf nachhaltige Beschaffung legen, die Materialproduktivität über den Lebenszyklus hinweg aufrechterhalten und Verluste von nicht erneuerbaren Materialien verringern.

Das Verfahren erzielt in der Baubranche relative Vorteile: Leistung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit wird gefördert und wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung stimuliert, während gleichzeitig die Priorität auf Umwelt- und Klimaschutz liegt. Beispielhaft dafür ist das Circular Business Model, das sich bis in die frühen 1950er Jahre zurückverfolgen lässt.

Foto, ein Bauhof mit gebrauchten Ziegelsteinen, Fenstern und anderen Baumaterialien und Bauteilen.

Studie: Geschäftsmodelle für zirkuläres Bauen und Sanieren

Die Studie verschafft anhand von aktuelle Best-Practice-Praxisbeispielen im deutschsprachigen Raum einen Überblick darüber, wie Unsicherheiten abgebaut und die Umsetzung von zirkulären Geschäftsmodellen in der Bauwirtschaft beschleunigt werden können.

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Verschiedene Geschäftsmodelle für verschiedene Lebenszyklusphasen

Potenzial zirkulärer Geschäftsmodelle

Zirkuläre Geschäftsmodelle kommen in verschiedenen Phasen während des gesamten Gebäude- oder Produktlebenszyklus zum Einsatz. Davon abhängig sind die Terminologien: Circular Design wird für die Entwurfsphase, Circular Use für die Betriebsphase und Circular Recovery für die Wiederverwertung verwendet.

Die Tabelle zeigt, mit welchem Potenzial sich die Kreislaufmodelle in der jeweiligen Umsetzungsphase technisch, finanziell und sozial auswirken. Die letzte Umsetzungsphase bezieht sich nicht auf eine Entsorgung des Gebäudes, sondern auf seine Wiederverwertung. Ressourcen werden nicht entsorgt, sondern in die Wertschöpfungskette reintegriert. Der Lebenszyklus des Gebäudes kann demnach verlängert werden – entweder nach der Instandsetzungsphase, durch eine Nutzungsänderung oder durch das Wiederverwerten von Ressourcen bzw. Stoffen.

Circular Design

Circular Design ermöglicht es, ab der Entwurfsphase den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen und zu überlegen, wie mit Baustoffen sowie mit Baustoffkomponenten und -systemen ab der Planungsphase verfahren wird.

Vor der Planungsphase ist die Überlegung zentral, ob ein neues Gebäude wirklich errichtet werden muss oder stattdessen ein Gebäude saniert, umgebaut oder umgenutzt werden kann. Entsprechende Entscheidungen sind bereits Bestandteil des kreislaufwirtschaftlichen Denkens und am Suffizienzansatz orientiert .

Circular Use

Circular Use wird in der Betriebsphase des Lebenszyklus umgesetzt. Die Geschäftsmodelle zielen darauf ab, den Wert eines Produktes oder eines Gebäudes über seine Lebensdauer hinaus zu erhalten. Beispielhaft dafür ist, dass Hersteller eines Produktes z.B. eines Fahrstuhls oder eines Gebäudes auch die Eigentümer sind, d.h. dass das Produkt nicht mit seiner Fertigstellung in Besitz der Nutzerinnen und Nutzer übergeht. Mit dieser Strategie soll sichergestellt werden, dass Ressourcen am Ende des Lebenszyklus in die Wertschöpfungskette zurückgeführt werden, denn Eigentümer erwirtschaften darüber einen weiteren Profit. Dadurch bleibt das Interesse an Instandhaltung und Wartung groß. Eine Herausforderung ist die vergleichsweise lange Zeitspanne, bis sich Anfangsinvestitionen amortisiert haben. Unternehmen müssen darum mit geringeren Cashflows arbeiten und sind insofern für die eigene Wettbewerbsfähigkeit auf Anfangsförderung angewiesen.

Contracting

Contracting ist eine Energiedienstleistung: Der Gebäudeeigentümer überträgt einem Dienstleister, dem sogenannten Contractor, Aufgaben rund um die Effizienzsteigerung seines Gebäudes.

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Circular Recovery

Circular Recovery kommt am Ende der Produktlebensdauer zum Tragen. Produkte in neuer Form wiederzuverwenden und auf diese Weise Abfallmengen sowie Entsorgungskosten zu reduzieren, ist die wesentliche Einnahmequelle. Das Modell knüpft lösungsorientiert am Problem der Ressourcenknappheit an. Denn der lineare Prozess von Abbau, Herstellung und Abriss macht die Bauindustrie energie- und emissionsintensiv und verbraucht Unmengen von knappen Ressourcen wie Zement und Metall. Paradoxerweise sind Recycling oder Wiederverwendung von Materialien derzeit noch kosten- und zeitintensiver im Vergleich zur Gewinnung von Rohstoffen. Das ist für Circular Recovery aktuell die größte Herausforderung.

Hemmnisse und Hebel

Die Bauindustrie benötigt einen Paradigmenwechsel in ihrer Baupraxis, damit zirkuläre Geschäftsmodelle umgesetzt werden. Die Akteure müssen spezifische Herausforderungen angehen und die Chancen ergreifen, die sich zunehmend eröffnen.

Hemmnisse

Barrieren für die Implementierung und Skalierung von zirkulären Geschäftsmodellen

Barrieren, die die Implementierung und Skalierung von zirkulären Geschäftsmodellen behindern oder verlangsamen, lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen.

Hebel für die Kreislaufwirtschaft

Global gesehen werden etwa zwei Drittel der Emissionen durch Gewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Abbruch und Entsorgung von Materialien und Produkten verursacht. Der Großteil dieser Emissionen entsteht durch hohen Energieeinsatz bei einzelnen Prozessen. Beispielsweise werden bei chemischen Prozessen zur Herstellung von Materialien wie Zement immense Mengen CO2-Emissionen freigesetzt. Die für die Bauindustrie ganz besonders wichtige Eisen- und Stahlindustrie sowie die Zementindustrie verursachen insgesamt circa fünfzehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen.

Dagegen unterstützt das Denken und Handeln im Sinne der Kreislaufwirtschaft Unternehmen dabei, Kosten für Rohstoffe und für die Entsorgung einzusparen und damit den Anforderungen der EU-Abfallrahmenrichtlinie zu entsprechen. Wenn zunehmend erneuerbare und nachhaltige Materialien genutzt und technische Komponenten in geschlossenen technischen Kreisläufen geführt werden, müssen weniger Ressourcen abgebaut werden. Ein Wachstum der Kreislaufwirtschaft bedeutet automatisch eine Steigerung beim Klima- und Umweltschutz.

Ausblick

Wenn sich zirkuläre Geschäftsmodelle durchsetzen, wird sich wirtschaftliches Handeln darauf verlagern, nachhaltig zu beschaffen, die Produktivität von Materialien über den gesamten Lebenszyklus aufrechtzuerhalten und damit Verluste bei nicht-erneuerbaren Materialien zu verringern. Das wird finanzielle, soziale und ökologische Vorteile mit sich bringen und durch Nachahmungseffekte die zirkuläre Ökonomie wachsen lassen. Alle Zahlen und Vergleiche unterstreichen die Dringlichkeit, kreislauforientiertes Denken und Handeln in der Bauwirtschaft und intelligente, nachhaltige Ressourcennutzung in unserem Wirtschaftssystem zu etablieren.

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